Thüringische Landeszeitung (Jena)
Mutmaßliche Räuberinnen offenbar im Drogenrausch unterwegs
Zwei 19Jährige müssen sich vor dem Erfurter Landgericht verantworten – Haupttäterin wegen versuchtem Mord angeklagt – Prozess ist bis November angesetzt
ERFURT. Sie können wohl unterschiedlicher nicht wirken: Patricia H. und Justine P. Die beiden jungen Frauen müssen sich seit gestern vor dem Erfurter Landgericht verantworten. Die Vorwürfe wiegen sehr schwer: versuchter Mord und Raub. Beiden Angeklagten droht Gefängnis.
Patricia H. kennt das bereits. Sie sitzt in Chemnitz in der JVA. Denn die 19-Jährige wurde erst vor wenigen Wochen verurteilt. In einem ähnlichen Fall. Im Dezember war sie Mittäterin bei einem Fahrzeugdiebstahl in Erfurt. Der Wagen wurde in Dortmund später bei einem Überfall auf eine Tankstelle eingesetzt. Dafür wurde H. vom Amtsgericht Erfurt zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt, die bereits Rechtskraft erlangt hat. Bei dieser Tat war die 19-Jährige mit einer anderen Freundin aktiv gewesen.
Diesmal klagt die Staatsanwaltschaft sie als Haupttäterin an. H. soll die Stiche gegen ihren Bekannten ausgeführt haben. In den Rücken. Mit einem Klappmesser. Dabei habe sie den Tod des Opfers zumindest billigend in Kauf genommen, so Staatsanwalt Martin Scheler. Die beiden Frauen wollten das Auto offenbar stehlen, um es zu verkaufen. Der Weg führte sie nach Dortmund. Hier verursachten sie mehreren schwere Unfälle mit erheblichem Sachschaden. Wie durch ein Wunder wurden dabei keine Menschen verletzt. Die Irrfahrt durch Deutschland hatte seinerzeit bundesweit Schlagzeilen gemacht. Justine P. wird indes Mittäterschaft bei einer gefährlichen Körperverletzung und Raub zur Last gelegt. Die Erfurterin befindet sich anders als die Hauptangeklagte bisher auf freiem Fuß. Allerdings muss sie bangen, ob das in den nächsten Wochen so bleibt. Denn P. hat in den vergangenen Wochen mehrere Gerichtsauflagen nicht eingehalten, die ihr zur Aussetzung des Haftbefehls auferlegt wurden – u.a. legte sie zwei geforderte Drogenscreenings nicht vor.
P. bewegt sich im Gerichtssaal schüchtern. Sie besitzt kaum Orientierung. Ihr muss erst der Weg zum Platz gezeigt werden. Halbherzig versucht sie, ihr Gesicht zu verdecken.
Patricia H. indes tritt gänzlich anders auf. Sie wird von zwei Justizbeamten über den Flur zum Gerichtssaal gebracht – an Händen und Füßen gefesselt. Sie blickt selbstbewusst und sie lächelt, als sie die Kameras sieht, die auf sie gerichtet sind.
Im Prozessverlauf wollen sich beiden Angeklagte äußern. Das kündigten die Verteidiger gestern schon an. Wahrscheinlich sei eine Einlassung bereits im September. Bis November ist das Verfahren terminiert, das in der Anklage bereits Besonderheiten hat. Denn die Staatsanwaltschaft geht für die in Erfurt begangenen Taten – also den versuchten Mord und den Raub – von verminderter Schuldfähigkeit aus. Bevor die Frauen ihren Bekannten mit dem Messer attackierten hatten sie schon versucht, ihm K.O.-Tropfen zu verabreichen, was der Mann aber bemerkte.
Bei den Taten, die später dann in Dortmund begangen wurden, sagt ein gerichtsmedizinisches Gutachten aus, dass hier Schuldunfähigkeit gegeben ist. Denn die beiden Frauen handelten offenbar im Drogenrausch. Details dazu werden im Prozessverlauf erwartet, wenn das medizinische Gutachten erstattet wird. Der Staatsanwalt wollte sich dazu gestern nicht äußern.
Angeklagte wollen im September aussagen