Thüringische Landeszeitung (Jena)
Bauhaus-Villa sucht neuen Besitzer
Minister Hoff radelte gestern in der Weinbergstraße – öffentliche Nutzung der Villa Zuckerkandl kaum machbar
JENA. Die Villa „Zuckerkandl“in der Weinbergstraße steht zum Verkauf. Wichtiger als der Preis von 450 Quadratmeter Wohnfläche auf einem 2000 Quadratmeter großen Grundstück ist der historische Wert. Thüringens Kulturminister Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) kam am Mittwoch vorbeigefahren. Wegen Eigenbedarf?
„Nein“, sagte der Minister. Bauhaus und Industriekultur sind Thema seiner sommerlichen Reise durch den Freistaat. Jena ist der letzte Etappenort seiner „Sommer-Kultur-Tour“, die er radelnd zurücklegt. Und die Zuckerkandl-Villa ist nicht nur etwas Besonderes, weil Walter Gropius ihr Architekt war. Hier verdichtet sich deutsche Geschichte. Therese Zuckerkandl war die Witwe des Professors Robert Zuckerkandl aus Wien. Als sie 1942, bereits hoch betagt, den Deportationsbescheid erhielt, nahm sie sich das Leben. Ihre Adoptivtochter Helene Langer wählte 1944 ebenfalls den Freitod.
Für Minister Hoff war es am Mittwoch einer der wenigen Termine, bei denen er die Schuhe ausziehen musste. Des historischen Linoleumbodens wegen. Er sah die im Original erhaltene Reformküche von Walter Gropius, OriginalDeckenleuchten, saß auf Mobiliar von Richard Riemerschmid. Die Eigentümer leben quasi in einem Bauhaus-Museum, dessen einzelne Bestandteile schon in den großen Museen dieser Welt zu sehen waren.
Der beabsichtigte Verkauf des Hauses hat private Gründe: Das Ehepaar, das die Villa in den 1990er Jahren kaufte, könnte in der Nähe einen anderen Altersruhesitz beziehen.
Leben in einer solchen Villa heißt vor allem auch, sich für deren Erhalt zu engagieren, sagte Werner Schwarze. Einen solchen neuen Eigentümer zu finden, sei die Hoffnung. Vielleicht auch in Form einer öffentlichen Nutzung. Der Hausverkauf fand zuletzt auch deutschlandweite Beachtung. „Kein simples Einfamilienhaus, sondern ein Kunstwerk“, schrieb die deutsche Immobilien-Zeitung und nannte einen möglichen Preis von 10 Millionen Euro.
Die Stadt Jena sieht keine Möglichkeit, das Haus zu erwerben und für die Öffentlichkeit zu erhalten. So schätzte das zumindest der Leiter des städtischen Eigenbetriebes Jenakultur, Jonas Zipf, ein. Dabei gehe es nicht allein um die schwierige städtebauliche Lage weit oben am Hang in der Weinbergstraße, die Besucherverkehr und Parkplätze ausschließen würde. Das Haus und große Teile der Einrichtung stehen unter Denkmalschutz, was natürlich eine wie auch immer geartete Nutzung einschränkt. Blick in die gute Stube des Hauses mit Original-Möbeln aus der Gropius-Zeit.
Der radelnde Minister erfuhr auch von diesem Problem, das den Hauseigentümer umtreibt, am Fußweg zum Haus. Denn so geradlinig, wie von Gropius einst gedacht, ist der Zugang nach einem städtischen Grundstücksverkauf nicht mehr. Und er hörte die Geschichte vom Handwerker, der fälschlicherweise dachte, dass es sich um einen Neubau mit dünnen Wänden handelt – und nur den dünnen Bohrer mitbrachte.