Thüringische Landeszeitung (Jena)
Abele gewinnt Zehnkampf-Gold
Überraschungsgold und der letzte Wettkampf von Diskuswerfer Harting sorgen für emotionalen Abend in Berlin
BERLIN. Das Olympiastadion jubelte, als er den Diskusring betrat. Es jubelte, als er im Startblock Platz nahm und als er zum Weitsprung anlief. Es jubelte eigentlich immer, wenn Arthur Abele irgendetwas tat. Doch als der Zehnkämpfer am Mittwochabend um 21.49 Uhr die Ziellinie des abschließenden 1500Meter-Laufs überquerte, erreichten die Jubelschreie der 37125 Zuschauer einen noch höheren Lärmpegel.
Eine Gefühlsexplosion – auch bei Abele. „Absolut geiles Gefühl“, sagte der älteste Starter im Zehnkampf-Feld. Der 32-Jährige krönte sich nach der zehn Disziplinen dauernden Hitzeschlacht mit 8431 Punkten zum König der Athleten. Gold für den großen Liebling des Publikums, der am Dienstag und Mittwoch auch zum König des Olympiastadions wurde. Es war die bis dahin überraschendste deutsche Medaille der EM.
Abele, der über seine Verletzungsgeschichte ein eigenes Buch schreiben könnte, der die Kunst des erfolgreichen Comebacks besser beherrscht als so mancher Zehnkämpfer das Hürdenlaufen, er wurde nach dem Ausscheiden des großen Favoriten Kevin Mayer (Frankreich) plötzlich selbst zum designierten Europameister.
Und er behielt die Nerven. „Ich bin ein alter Haudegen und weiß, was Phase ist“, sagte er. Und deshalb ließ Abele sich nicht aus der Ruhe bringen, als der Brite Tim Duckworth ihm die hart erkämpfte Führung im Stabhochsprung wieder abnahm. Die „Knackpunktdisziplin“, wie Abele am Ende des ersten Tages, den er als Zweiter beendete, prophezeit hatte.
Abeles Teamkollege und U20Europameister Niklas Kaul – einzig verbliebener Teamkollege im Feld, nachdem Mathias Brugger nach drei ungültigen Weitsprüngen aufgegeben hatte – sicherte sich mit persönlicher Bestleistung (8220) Rang vier.
Nur wenige Minuten vor Abeles Triumpf hatte es einen weiteren emotionalen Moment gegeben. Gemeinsam mit Maskottchen Berlino drehte der große Star der deutschen Leichtathletik noch einmal eine langsame Ehrenrunde durch das Berliner Olympiastadion. Vielen der rund 37000 Zuschauer wird noch einmal Gänsehaut über die Arme gekrochen sein.
Für Robert Harting hat sich bei den Europameisterschaften ein Kreis geschlossen. Der 33jährige Diskuswerfer landete mit 64,33 Metern auf Rang sechs, verfehlte knapp die erträumte Medaille, die er sich im Trainingslager schon aus Gips gebastelt hatte. Den Titel sicherte sich erstmals der Litauer Andrius Gudzius (68,46). Dort, wo seine große internationale Sportkarriere richtig Schwung genommen hat, wo er 2009 erstmals Diskus-Weltmeister wurde, endet eine große Karriere.