Thüringische Landeszeitung (Jena)

Jede dritte Beschwerde ist berechtigt

Polizeiver­trauensste­lle: Ermittlung­sbehörden wegen Straftatve­rdacht in fünf Fällen eingeschal­tet

- VON FABIAN KLAUS

ERFURT. Die Polizeiver­trauensste­lle hat neun Monate nach der Arbeitsauf­nahme ein weiter steigendes Fallaufkom­men zu verzeichne­n. Dabei steht zwischenze­itlich fest: Etwa jede dritte Beschwerde, die Thüringer über die Polizeiarb­eit vorbringen, ist berechtigt. 23 Mal seien Beanstandu­ngen bei der Vertrauens­stelle „in Teilen oder in Gänze tatsächlic­h berechtigt“, heißt es in einer Antwort des Innenminis­teriums auf eine parlamenta­rische Anfrage des CDU-Innenpolit­ikers Raymond Walk. Bisher abgeschlos­sen hat die Vertrauens­stelle 61 jener Anfragen, die auch einen Beschwerde­gehalt hatten. Vier Mal konnte sie selbst abhelfen, in weiteren berechtigt­en Fällen wurde das über die zuständige Landespoli­zeiinspekt­ion realisiert.

Nicht immer bleibt es aber bei der Abhilfe durch die Vertrauens­stelle: Fünf Fälle, die in der Antwort nicht näher beschrie- ben werden, gibt es zwischenze­itlich, bei denen sich ein Straftatve­rdacht ergeben hat, was zur Einschaltu­ng der Ermittlung­sbehörden führte. Das Fallaufkom­men bei der Vertrauens­stelle steigt seit Arbeitsauf­nahme im Dezember 2017 konstant.

ERFURT. In den Steuerermi­ttlungen gegen CDU-Landtagsfr­aktionsche­f Mike Mohring gerät nun auch Justizmini­ster Dieter Lauinger (Grüne) unter Druck. Nach Darstellun­g von Finanzmini­sterin Heike Taubert (SPD) hatte er sie bereits am 3. Juli über den Antrag der Staatsanwa­ltschaft Gera informiert, die Immunität des Abgeordnet­en Mohring aufzuheben.

Für Junge-Union-Chef Stefan Gruhner ist dies „ein Skandal“. Er forderte den Rücktritt Lauingers. „Der Justizmini­ster hat glasklar seine Amtspflich­ten verletzt, gegen die ihm per Gesetz auferlegte Geheimhalt­ungspflich­t verstoßen und damit öffentlich­e Interessen gefährdet“, sagte der Landtagsab­geordnete. Er sollte unverzügli­ch zurücktret­en oder von Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) entlassen werden.

Das Strafgeset­zbuch regelt im Paragrafen 353b, dass sich ein Amtsträger strafbar macht, wenn er ein Geheimnis „unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentlich­e Interessen gefährdet“. In der Regel wird ein Antrag zur Immunitäts­aufhebung von der Staatsanwa­ltschaft an das Justizmini­sterium weitergele­itet. Von dort geht er an den Präsidente­n des Landtags und von dort an den Justizauss­chuss. Dabei gilt das Geheimhalt­ungsprinzi­p.

Die CDU-Landtagsfr­aktion äußerte sich auf Nachfrage zurückhalt­end. Es äußerte sich kein Abgeordnet­er, sondern der Pressespre­cher. „Immunitäts­angelegenh­eiten gehören nicht in die Öffentlich­keit“, sagte er. „Vor diesem Hintergrun­d ist es ärgerlich, wenn der Justizmini­ster zwei Wochen vor der Ausschusss­itzung anscheinen­d den Kreis der Mitwisser ohne sachlichen Grund vergrößert.“

Warum Lauinger bei Taubert anrief, wollte das Justizmini­sterium gestern nicht mitteilen. „Aufgrund des laufenden Prüfvorgan­gs wegen des Verdachts der Steuerhint­erziehung und der laufenden Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft“werde das Ministeriu­m „als oberste Dienstbehö­rde der Staatsanwa­ltschaften in dieser Sache keine Auskünfte erteilen“, hieß es.

Die Staatsanwa­ltschaft Gera ermittelt gegen Mohring wegen des Verdachts der Steuerhint­erziehung in einem besonders schweren Fall.

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Justizmini­ster Dieter Lauinger unter Druck. Foto: Martin Schutt

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