Thüringische Landeszeitung (Jena)
Jede dritte Beschwerde ist berechtigt
Polizeivertrauensstelle: Ermittlungsbehörden wegen Straftatverdacht in fünf Fällen eingeschaltet
ERFURT. Die Polizeivertrauensstelle hat neun Monate nach der Arbeitsaufnahme ein weiter steigendes Fallaufkommen zu verzeichnen. Dabei steht zwischenzeitlich fest: Etwa jede dritte Beschwerde, die Thüringer über die Polizeiarbeit vorbringen, ist berechtigt. 23 Mal seien Beanstandungen bei der Vertrauensstelle „in Teilen oder in Gänze tatsächlich berechtigt“, heißt es in einer Antwort des Innenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage des CDU-Innenpolitikers Raymond Walk. Bisher abgeschlossen hat die Vertrauensstelle 61 jener Anfragen, die auch einen Beschwerdegehalt hatten. Vier Mal konnte sie selbst abhelfen, in weiteren berechtigten Fällen wurde das über die zuständige Landespolizeiinspektion realisiert.
Nicht immer bleibt es aber bei der Abhilfe durch die Vertrauensstelle: Fünf Fälle, die in der Antwort nicht näher beschrie- ben werden, gibt es zwischenzeitlich, bei denen sich ein Straftatverdacht ergeben hat, was zur Einschaltung der Ermittlungsbehörden führte. Das Fallaufkommen bei der Vertrauensstelle steigt seit Arbeitsaufnahme im Dezember 2017 konstant.
ERFURT. In den Steuerermittlungen gegen CDU-Landtagsfraktionschef Mike Mohring gerät nun auch Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) unter Druck. Nach Darstellung von Finanzministerin Heike Taubert (SPD) hatte er sie bereits am 3. Juli über den Antrag der Staatsanwaltschaft Gera informiert, die Immunität des Abgeordneten Mohring aufzuheben.
Für Junge-Union-Chef Stefan Gruhner ist dies „ein Skandal“. Er forderte den Rücktritt Lauingers. „Der Justizminister hat glasklar seine Amtspflichten verletzt, gegen die ihm per Gesetz auferlegte Geheimhaltungspflicht verstoßen und damit öffentliche Interessen gefährdet“, sagte der Landtagsabgeordnete. Er sollte unverzüglich zurücktreten oder von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) entlassen werden.
Das Strafgesetzbuch regelt im Paragrafen 353b, dass sich ein Amtsträger strafbar macht, wenn er ein Geheimnis „unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet“. In der Regel wird ein Antrag zur Immunitätsaufhebung von der Staatsanwaltschaft an das Justizministerium weitergeleitet. Von dort geht er an den Präsidenten des Landtags und von dort an den Justizausschuss. Dabei gilt das Geheimhaltungsprinzip.
Die CDU-Landtagsfraktion äußerte sich auf Nachfrage zurückhaltend. Es äußerte sich kein Abgeordneter, sondern der Pressesprecher. „Immunitätsangelegenheiten gehören nicht in die Öffentlichkeit“, sagte er. „Vor diesem Hintergrund ist es ärgerlich, wenn der Justizminister zwei Wochen vor der Ausschusssitzung anscheinend den Kreis der Mitwisser ohne sachlichen Grund vergrößert.“
Warum Lauinger bei Taubert anrief, wollte das Justizministerium gestern nicht mitteilen. „Aufgrund des laufenden Prüfvorgangs wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und der laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft“werde das Ministerium „als oberste Dienstbehörde der Staatsanwaltschaften in dieser Sache keine Auskünfte erteilen“, hieß es.
Die Staatsanwaltschaft Gera ermittelt gegen Mohring wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall.