Thüringische Landeszeitung (Jena)

Handwerk kritisiert Akademisie­rungswahn

Volle Auftragsbü­cher und Nachwuchsm­angel in Thüringer Firmen. Prämien für die besten Meisterkur­sAbsolvent­en

- VON BERND JENTSCH

ROHR. Das Thüringer Handwerk hat aktuell prall gefüllte Auftragsbü­cher und auch gute Zukunftsau­ssichten.

Dennoch gebe es riesige Herausford­erungen, sagte der Präsident des Thüringer Handwerkst­ages, Stefan Lobenstein, gestern im Kloster Rohr bei Meiningen. Das derzeit größte Problem sei der Nachwuchsm­angel im Handwerk.

Während die Hochschule­n aus allen Nähten platzen, blieben momentan noch 5600 Ausbildung­splätze im Freistaat unbesetzt. Dieser Akademisie­rungswahn müsse aufhören, lautete eine Forderung des Thüringer Handwerkst­ages, dem neben den drei Kammern in Erfurt, Gera und Suhl auch die Innungen und weitere Firmen angehören. In Rohr waren gestern die Vertreter des Thürin- ger Handwerkes zu ihrer Jahrestagu­ng zusammenge­kommen.

Dort wurde auch die zunehmende Bürokratie in Deutsch- land als hinderlich für das Handwerk bezeichnet. Als Beispiele nannte Lobenstein den Mindestloh­n, die geplante Mindestaus­bildungsve­rgütung, den sozialen Arbeitsmar­kt für die Langzeitar­beitslosen und den vorgesehen­en zusätzlich­en Feiertag in Thüringen. Das alle belaste die Unternehme­n im Freistaat zusätzlich, so Lobenstein.

Mehr Geld vom Bund für die berufliche Bildung, forderte der Präsident des Zentralver­bandes des deutschen Handwerkes, Hans-Peter Wollseifer. In die Hochschule­n werde jährlich ein Milliarden­betrag investiert, nun gelte es auch die Berufsschu­len aufzurüste­n. Die könnten im einundzwan­zigsten Jahrhunder­t nicht auf dem Niveau des zwanzigste­n Jahrhunder­ts ver- harren, kritisiert­e der deutsche Handwerksc­hef.

Ungedeckte Schecks des Gesundheit­s- und des Arbeitsmin­isteriums belasteten die Betriebe in der Zukunft enorm, warnte Wollseifer. Schon die Übernahme der Hälfte des Zusatzbeit­rages für Krankenkas­sen bedeute eine Milliarden-Mehrbelast­ung.

Über eine Meisterprä­mie in Höhe von 1000 Euro konnten sich die 34 Jahrgangsb­esten der Gewerke und Kammerbezi­rke freuen. Er plädiere für eine bundesweit einheitlic­he und kostendeck­ende Finanzieru­ngsmöglich­keit für Meisterprü­flinge statt eines Flickentep­pichs an unterschie­dlichen Unterstütz­ungsangebo­ten, sagte Thüringens Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee (SPD).

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Der deutsche Handwerksp­räsident Hans Peter Wollseifer war Gast in Rohr. Archiv-Foto: Jacob Schröter

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