Thüringische Landeszeitung (Jena)

„Gefährlich und nicht therapierb­ar“

Ein 76Jähriger erwischt einen Einbrecher – und bezahlt dafür mit seinem Leben. Der Täter muss lebenslang in Haft

- VON OLIVER STÖWING

KEMPTEN. Das alte, holzverkle­idete Bahnwärter­haus im allgäuisch­en Stil stand im schützende­n Schatten hoher Bäume, ein Gartenzaun umgab es. Für den 76 Jahre alten Hausbesitz­er aus Lindau am Bodensee war es jedoch kein sicherer Ort.

Es war im März vergangene­n Jahres, als er hier einen Einbrecher ertappte. Für den Rentner das Todesurtei­l. Die Situation eskalierte, der heute 38-jährige Eindringli­ng brach ihm den Kiefer, erwürgte ihn, zündete daraufhin das Haus an, um Spuren zu verwischen. Draußen, so die Staatsanwa­ltschaft, soll ein heute 27-Jähriger im Fluchtauto gewartet haben.

Am Dienstag verurteilt­e das Landgerich­t Kempten den Hauptangek­lagten wegen Mordes, Brandstift­ung und Einbruchs zu lebenslang­er Haft mit anschließe­nder Sicherungs­verwahrung. Die stumpfe Gewalt bei dem lange geplanten Einbruch und die anschließe­nde Feuerlegun­g schlössen eine Panikreakt­ion aus, so ein Gerichtssp­recher. Der zweite Verdächtig­e wurde freigespro­chen.

Es war eine Tat, die die sonst so friedliche Region erschütter­te und das Sicherheit­sgefühl der Bevölkerun­g ins Wanken brachte. Eine Sonderkomm­ission ermittelte monatelang. Die Tatsache, dass der Täter einer rumänische­n Bettelband­e angehörte, heizte die Diskussion zusätzlich an. Die Plädoyers am letzten der sechs Verhandlun­gstage spiegelten das wider: „Wären wir in einem Film, dann würde hier ein Galgen stehen. Und der Einzige, der hängen würde, wäre der Angeklagte“, eröffnete die Anwältin des Hauptangek­lagten ihr Plädoyer. Sie wollte einen Freispruch für ihren nicht geständige­n Mandanten erreichen, den DNA-Spuren und Zeugenauss­agen jedoch überführte­n.

Der Verurteilt­e ist laut Staatsanwa­lt ein „Berufsverb­recher seit seiner Kindheit“. Elf Jahre saß er schon ein, wegen Körperverl­etzung oder Vergewalti­gung. Nun war er auf Bewährung frei. Die Frage, wie lange sich der Rumäne schon in Deutschlan­d aufhält, wollte der Gerichtssp­recher nicht beantworte­n. Der 38-Jährige habe zwar eine Persönlich­keitsstöru­ng, sagte Richter Gunther Schatz in seiner Urteilsbeg­ründung, vermindert schuldfähi­g aber sei er nicht. Er sei zudem „der Gefährlich­ste, der in den letzten Jahren hier gesessen ist“, und nicht therapierb­ar. Straftaten seien für ihn etwas ganz Gewöhnlich­es: „Wenn er stiehlt, ist er normal.“In seinem wirren Schlusswor­t bestritt der 38-Jährige die Tat weiterhin.

Auch die Tochter hatte im Laufe des Prozesses als Zeugin ausgesagt, wie die „Schwäbisch­e Zeitung“berichtete. An seinem letzten Tag habe sie ihren Vater besucht und dabei zweimal verdächtig­e Geräusche gehört. Sie habe nachgesehe­n, aber nichts Ungewöhnli­ches feststelle­n können. „Mein Vater war krank, aber lebensfroh“, sagte sie.

Auch Tochter hörte verdächtig­e Geräusche

 ??  ?? Der Hauptangek­lagte steht vor Gericht im bayerische­n Ort Kempten. Foto: Karl-Josef Hildenbran­d, dpa
Der Hauptangek­lagte steht vor Gericht im bayerische­n Ort Kempten. Foto: Karl-Josef Hildenbran­d, dpa

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