Thüringische Landeszeitung (Jena)
Stiftung wird zehn und der Streit um Point Alpha ist heftig wie nie
Während andere Gedenkstätten an den Mauerbau erinnern, schwelt in der Rhön eine massive Auseinandersetzung um die Zukunft des Erinnerns
GEISA/SCHIFFLERSGRUND. An diesem Wochenende wird in einigen Grenzgedenkstätten wie etwa in Schifflersgrund im Eichsfeld des Mauerbaus am 13. August 1961 gedacht. Dort versammeln sich Thüringer und Hessen am Sonntag um 15 Uhr, um nach dem Beitrag des hessischen Staatssekretärs Mark Weinmeister den Zeitzeugenvortrag von Günter Heinzel „Haft, Flucht und Fluchthilfe im geteilten Deutschland“zu hören.
In der Gedenkstätte Point Alpha bei Geisa in der Rhön ist als nächster Termin der 21. August, ein Dienstag, angegeben. Es wird ein Vortrag über die Niederschlagung des Prager Frühlings vor 50 Jahren angekündigt. Und: Am Sonntag, 26. August, steht die Festveranstaltung 10 Jahre Point Alpha Stiftung auf dem Programm. Derweil fragen sich viele, wie es überhaupt um die Gedenkstätte dort bestellt ist.
Point Alpha steht für den heißesten Ort im kalten Krieg. An der Grenze zwischen Hessen und Thüringen mitten in der Rhön standen einst US-Soldaten. Vor Wochen hat – wie berichtet – die Direktorin der Stiftung, Ricarda Steinbach, ihren Posten abgegeben. Kommissarisch haben zwei Vorstandsmitglieder das Amt übernommen, darunter Eberhard Fennel, pensionierter Bürgermeister der hessischen Stadt Hünfeld. Dass in dieser Stiftung Vertreter der Region eine gewichtiges Wort mitzureden haben, ist eine Besonderheit, für die einst Hubertus Knabe mitgesorgt haben soll. Offenbar wollte man so die große Politik aus dem Konstrukt heraushalten. Konflikte aber konnte das nicht verhindern. Offiziell will keiner sagen, was genau passiert ist. Fennel erklärte jüngst gegenüber dem MDR dieses Schweigen so: „Es gab ja einen Vergleich, eine Verabredung mit ihr. Sie ist noch für die Stiftung tätig, unmittelbar für den Stiftungsratsvorsitzenden, und da muss dann wohl noch geklärt werden, welche Aufgaben sie in Zukunft wahrnehmen wird, aber sie wird nicht mehr hier in der Geschäftsstelle sein.“
Doch hinter vorgehaltener Hand werden von Kennern
zahlreicher Merkwürdigkeiten berichtet, die vor allem auch darauf schließen lassen, dass der Konflikt ein zutiefst menschlicher
ist und womöglich neben Politik auch etwas mit den Schwierigkeiten des Loslassens und des Generationswechsels zu tun hat. Die das so erklären betonen aber, dass sie damit nicht namentlich in Verbindung gebracht werden wollen.
Die Reihen lichten sich: Neben der Vorsitzenden des Programmbeirats, Ellen Ueberschär, die ebenfalls ohne Erklärung ihr Amt aufgab, haben auch fünf Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats ihr Engagement eingefroren. Damit ist der halbe Beirat weg.
Von Ärger mit dem Vorsitzenden des Stiftungsrats ist die Rede. Von CDU-Lastigkeit – und im Gegenzug dazu, dass das doch gar nicht stimme. Stiftungsrats-Vize, Thüringens Landtagspräsident Christian Carius (CDU), hat die Vorwürfe von Professor Joachim-Felix Leonhard, dem Ex-Chef des Programmbeirats, als nicht zutreffend eingeschätzt.
Derweil hat Kulturstaatssekretärin Babette Winter (SPD) die Stiftungsaufsicht eingeschaltet, die beim SPD-geführten Innenministerium liegt.
Wie sehr die Situation vergiftet ist, zeigen manche Einträge in den „sozialen“Netzwerken. So etwa, wenn Matthias B. unter „Dallas in der Rhön“schreibt: „Das pubertäre Beleidigtsein trägt pathologische Auffälligkeiten“. Leonhard wird dort als Teil „einer kleinen intriganten Gruppe“dargestellt.
Wie unter solchen Umständen das Zehnjährige der Stiftung – der eigentliche Gründungstag war der 1. Januar 2008 – gefeiert werden soll, bleibt abzuwarten.