Thüringische Landeszeitung (Jena)
Bergauf und bergab im Leben
Es geht wieder bergauf, so sagt man erleichtert, wenn jemand eine schwere Krankheit oder Krise überwunden hat. Gleichzeitig heißt das auch, geschafft ist es noch nicht. Wie anstrengend gerade das Bergauf gehen ist, habe ich von einer Wandertour in den Alpen noch gut in Erinnerung.
Steil windet sich der Weg bergan. Der Untergrund aus losen Steinen fordert meine ganze Aufmerksamkeit, um nicht abzurutschen oder einen Steinschlag loszutreten. Meine Umgebung, das wunderbare Bergpanorama nehme ich dabei kaum wahr. Manchmal ist der Weg schwer zu finden. Über weiten, grauen Geröllfeldern suche ich die roten Wegzeichen, steige über wacklige Gesteinsbrocken in der Hoffnung, sie tragen.
Wenn der Rucksack immer schwerer wird, der Anstieg scheinbar kein Ende nimmt, taucht unvermeidlich die Frage auf, wozu diese ganze Anstrengung? Nach mehreren Stunden erreichen wir den Gipfel und haben die schlichte Antwort. Ein Ausblick: Ich sehe staunend übers Land, überblicke ein großes Meer von weiteren gewaltigen Bergen, Schnee und Gletscher. In der Ferne stehen noch höhere, mächtigere Berge, denen ich nun etwas näher bin. Da ist auch die kleine Hütte, unser Ziel.
Ein Einblick: Das Tal mit vielen aufgeregten Menschen, lärmenden Autos, engen Orten und Grenzen und noch Vieles mehr liegen weit hinter uns.
Ein schöner Platz, auf dem ich aber nicht lange bleiben kann. Ich muss weiter, unweigerlich absteigen auch dafür brauche ich noch meine ganze Energie. Drahtseile am Felsen, Metallsteige, ein Seil über ein vereistes Schneefeld und meine Begleiter helfen mir. Beruhigt trete ich in die Spuren derer, die vor mir darüber gelaufen sind.
Wo stehe ich auf meinem Weg durch das Leben? Stehe ich vor einem Berg von Aufgaben die ich nur in mühsamen, kleinen Schritten bewältigen kann. Habe ich Zeit inne zu halten? Wer begleitet mich auf meinem Weg? Ist es die Angst vor dem nächsten Schritt? Die Ungewissheit, was hinter der nächsten Biegung auftaucht? Die Sorge, dass die Kraft bis zum Ziel nicht reicht? In der Bibel wird erzählt, wie sich Gott dem Menschen mit seinem Namen vorstellt. Er bedeutet „Ich bin, der für dich da ist“und das heißt auch, Gott begleitet mich bergauf bergab auf meinem Lebensweg.