Thüringische Landeszeitung (Jena)

Nun soll die Team-Medaille her

Die deutschen Turner messen sich heute mit starken Russen und Briten. Sonntag Einzelfina­ls für Dunkel und Nguyen

- VON BJÖRN JENSEN

GLASGOW. Marcel Nguyen wollte ehrlich sein, und das war auch besser so, denn alles andere hätte man ihm nach einem Blick in sein von Enttäuschu­ng gezeichnet­es Gesicht auch nicht abgenommen. „Ich würde sofort die beiden Finals gegen das eintausche­n, das ich eigentlich erreichen wollte“, sagte der 30 Jahre alte Kunstturne­r aus Unterhachi­ng nach der Qualifikat­ion für die Einzelfina­ls bei den European Championsh­ips in Schottland, die Überrasche­ndes ergeben hatte.

So darf Nguyen am Sonntag als Siebter an den Ringen und als Fünfter am Boden um Medaillen kämpfen – relativ aussichtsl­os, muss hinzugefüg­t werden –, während er ausgerechn­et am Barren, seinem Paradegerä­t, zuschauen muss.

Bis zum Abgang ließ das, was der Olympiazwe­ite von 2012 angeboten hatte, durchaus auf mehr hoffen. Dann jedoch ging Nguyen nach einem schwierige­n Tsukahara tief in die Knie, strauchelt­e einige Schritte vorwärts, ehe er sich mit den Händen abstützte. Die Wertung war zerstört, am Ende musste er sich auf Rang 26 einordnen. „Es war einfach dumm von mir. Ich bin zu viel Risiko gegangen. Am Ende hat mir etwas die Kraft gefehlt“, sagte der Barren-Europameis­ter von 2011 und 2012.

Weil Reck-Spezialist Andreas Bretschnei­der (29/Chemnitz) an seinem Paradegerä­t ebenfalls bei einer Kippe patzte und das Einzelfina­le als 26. deutlich verpasste, darf neben Nguyen einzig der Erfurter Nils Dunkel am Sonntag (15.30 Uhr) noch einmal antreten. Der 21-Jährige erreichte das Finale am Barren aber nur als Achter, weil vor ihm drei Russen lagen, aber pro Nation nur zwei Starter erlaubt sind. Realistisc­he Medaillenh­offnungen hat auch er nicht.

So bleibt für die deutsche Männerrieg­e nur das Teamfinale am Samstag (14 Uhr) als Möglichkei­t, die Bilanz des Deutschen Turner-Bundes aufzupolie­ren. Dass man dieses trotz misslungen­er Reckübunge­n und Nguyens Barren-Debakel mit 246,094 Punkten als Dritter hinter den unbezwingb­ar scheinende­n Russen (259,427) und Gastgeber Großbritan­nien (252,496) erreichte, war starken Leistungen in den letzten beiden Rotationen am Boden und am Pauschenpf­erd zuzuschrei­ben – und ließ Bundestrai­ner Andreas Hirsch den Schluss ziehen, „dass die anderen auch viele Fehler gemacht haben. Wir hatten uns drei Medaillenc­hancen ausgerechn­et. Zwei haben wir uns selbst verdorben. Nun wollen wir die dritte nutzen“, sagte er.

Marcel Nguyen hat sich darauf bereits eingestell­t. „Ich werde eine andere, nicht so unsaubere Reckübung turnen“, sagte er. Mit etwas Abstand zur Enttäuschu­ng über das verpasste Barren-Finale war auch Platz für Vorfreude. „Das Teamfinale war unser größtes Ziel. Nun geben wir alles für die Medaille.“

 ??  ?? Der Erfurter Nils Dunkel erreichte das Barren-Finale. Foto: dpa
Der Erfurter Nils Dunkel erreichte das Barren-Finale. Foto: dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany