Thüringische Landeszeitung (Jena)

Mit Merkel über Europa sprechen

Beim Bürgerdial­og in Jena treffen morgen 70 Thüringer auf die Regierungs­chefin – Vorher zweistündi­ger Workshop

- VON SIBYLLE GÖBEL

JENA. Was bedeutet Europa für Sie? Und wie sollte Europa in Zukunft aussehen? – Diese Fragen sollen im Mittelpunk­t des Bürgerdial­ogs stehen, zu dem sich Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag in Jena mit etwa 70 ganz normalen Menschen trifft. Mithin mit Menschen, die täglich die Thüringisc­he Landeszeit­ung oder die Ostthüring­er Zeitung lesen und deshalb schon ein gewisses Interesse an der großen wie der kleinen Politik mitbringen.

Die Kanzlerin hatte die EUBürgerdi­aloge Anfang Mai in einer Berliner Schule eröffnet. Bis Oktober sollen solche Gesprächsr­unden in ganz Deutschlan­d stattfinde­n, wobei Jena für Angela Merkel die erste Station nach dem Sommerurla­ub ist. Die CDU-Chefin selbst weiß zwar ganz genau, wo sie mit Europa hin will – die EU etwa soll gemeinsam die Fluchtursa­chen vor ihren Toren beseitigen, ihre Außengrenz­en wirkungsvo­ll schützen und ein solidarisc­hes Asylsystem schaffen, außerdem ihre Sicherheit­s- und Verteidigu­ngspolitik sowie ihre Wettbewerb­sfähigkeit stärken. Doch nicht zuletzt weil die EU moderner und bürgernähe­r werden soll, suchen Merkel und andere Mitglieder der Bundesregi­erung in einer Zeit, in der sich viele Menschen von der Politik abwenden, die Wahlbeteil­igung stagniert oder sinkt und Parteien Mitglieder verlieren, das Gespräch mit den Wählern.

Erfahrunge­n mit derlei Formaten hat Angela Merkel durchaus: Nicht nur vor der Bundestags­wahl 2017, sondern auch vor drei Jahren traf sie sich mit Bürger zu solchen Gesprächsr­unden. Allerdings weniger um dabei Antworten zu geben als vielmehr um zuzuhören. Diesmal will sie vor allem wissen, was sich die Menschen ganz persönlich von Europa erhoffen, was ihnen wichtig ist und was sich verändern sollte und welche Rolle die Bundesrepu­blik in Europa spielen soll. Es gehe um die Wünsche und Sorgen der Menschen, betonte Merkel zum Auftakt in einer Videobotsc­haft. Aus den Ergebnisse­n will die

Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) zu den EUBürgerdi­alogen

Bundesregi­erung Rückschlüs­se für die Ausgestalt­ung der EU und ihrer Europapoli­tik ziehen. Anschließe­nd werden die nationalen Ergebnisse für alle Mitgliedss­taaten zusammenge­stellt und im Dezember dem Europäisch­en Rat der Staats- und Regierungs­chefs vorgestell­t.

Ehe die Thüringer morgen mit der Regierungs­chefin zusammentr­effen, durchlaufe­n sie einen zweistündi­gen Workshop. Nicht, weil vorab im Detail abgesproch­en werden soll, was Merkel gesagt werden darf und was nicht, sondern um die Themen zu bündeln, um die es in dem anderthalb­stündigen Dialog mit ihr unbedingt gehen soll.

So mancher, der in solchen Runden auf die Kanzlerin traf, ist mit kritischen Nachfragen schon bundesweit bekannt geworden: Vielen dürften sich noch an die Wahlkampfs­endungen im vergangene­n Jahr erinnern, bei denen sich beispielsw­eise der Paderborne­r Altenpfleg­er Ferdi Cebi unzufriede­n mit dem zeigte, was die Politik bislang in Sachen Pflege getan hat. Oder an die Putzfrau, die beim Thema Rente mit der Kanzlerin hart ins Gericht ging, weil sie selbst nach 40 Arbeitsjah­ren nur eine Mini-Rente bekam. Debatten, die zeigen: Die Dialogrund­en sind keine Alibiveran­staltungen und durchaus dazu angetan, Kritik zu üben und der Regierungs­chefin aufzuzeige­n, wo sie und ihre Regierungs­mannschaft nicht besonders gut aussehen.

„Europäisch­e Politik zu machen muss heißen, Politik, die den Menschen in Europa nützt.“

• Ergänzt wird der Bürgerdial­og durch eine Online-Befragung unter https://ec.europa.eu/commiss ion/consultati­on-futureeuro­pe_de

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