Thüringische Landeszeitung (Jena)

Korruption treibt Rumänen auf die Straße

In mehreren Städten weiten sich die Proteste gegen die Regierung aus

- VON GREGOR MAYER

BUKAREST. Wenn Rumänien am 1. Januar 2019 die EU-Ratspräsid­entschaft von Österreich übernimmt, wartet auf die Regierung von Ministerpr­äsidentin Viorica Dancila ein Berg an schwierige­n Aufgaben. Es gilt, ein weiteres Auseinande­rdriften Europas zu verhindern. Doch momentan muss die Regierungs­chefin erst einmal eine schwere Krise in ihrem eigenen Land lösen. Seit Monaten demonstrie­ren die Rumänen gegen Dancilas Regierung – der Vorwurf: Diese wolle den Rechtsstaa­t demontiere­n, um korrupte Politiker zu schützen. Nun sind die Proteste erstmals eskaliert.

Am Wochenende gingen in der Hauptstadt Bukarest und in zahlreiche­n weiteren Städten Zehntausen­de auf die Straße. Lautstark riefen sie Parolen wie „Gerechtigk­eit statt Korruption!“, „Schande!“und „Wir gehen erst, wenn ihr gegangen seid!“

Die Demonstrat­ionen wurden überschatt­et von schwerer Gewalt. In Bukarest wurden bei Zusammenst­ößen mit der Polizei am Freitagabe­nd nach Angaben der Nachrichte­nagentur Mediafax 452 Menschen verletzt, unter ihnen 35 Polizisten.

Die Demonstran­ten forderten den Rücktritt der von den Sozialdemo­kraten (PSD) geführten Regierung. Außerdem verlangten sie die Rücknahme jüngst beschlosse­ner Gesetze, die prominente Politiker vor Strafverfo­lgung wegen Korruption schützen sollen. Außer in Bukarest, wo mindestens 20 000 Menschen auf die Straße gingen, protestier­ten Tausende in Städten wie Timisoara (Temeswar), Sibiu (Hermannsta­dt), Brasov (Kronstadt), Cluj-Napoca und Iasi. Weitere Kundgebung­en auch am Sonnabenda­bend verliefen friedlich.

Erst Anfang Juli war die angesehene Sonderstaa­tsanwältin Laura Kövesi auf Betreiben der Regierung entlassen worden. Kövesi hatte zahlreiche Politiker der Korruption überführt und ins Gefängnis gebracht. Dancila gilt wiederum als Marionette des PSD-Vorsitzend­en Liviu Dragnea. Er kann derzeit nicht selbst Ministerpr­äsident werden, weil er wegen der Manipulati­on von Wahlen vorbestraf­t ist, kontrollie­rt aber die Regierung.

Seit Februar 2017, als die PSD-Regierung mit einer ersten Eilverordn­ung die Korruption­sbekämpfun­g erschweren wollte, gehen die Rumänen immer wieder in großer Zahl auf die Straße. Erstmals kam es nun durch vermummte, gewaltbere­ite Demonstran­ten zu gewalttäti­gen Auswüchsen. (dpa)

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Wie hier in Bukarest verlangten die Demonstran­ten den Rücktritt der Regierung. Foto: Inquam Photos

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