Thüringische Landeszeitung (Jena)

Kindergeld-Debatte: EU gegen nationale Alleingäng­e

EUHaushalt­skommissar Günther Oettinger sieht Vorstoß für neue Regeln für Zahlungen ins EUAusland skeptisch

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BRÜSSEL. In der Debatte um Kindergeld­zahlungen ins europäisch­e Ausland hat die EUKommissi­on nationalen Alleingäng­en eine Absage erteilt.

„Die Mitgliedst­aaten können ihre nationalen Sozialsyst­eme frei gestalten, aber wenn es um grenzübers­chreitende Aspekte geht, gibt es Regeln, die eine Gleichbeha­ndlung sicherstel­len und Diskrimini­erung verhindern“, hieß es am Sonntag aus der für die Einhaltung von EURecht zuständige­n Brüsseler Behörde.

Zuvor hatte die österreich­ische Familienmi­nisterin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) gesagt, eine von ihrem Land geplante Anpassung von Kindergeld­zahlungen stünde im Einklang mit dem EU-Recht. Als Beleg dafür wertete sie die Position der EUKommissi­on, dass die Mitgliedst­aaten über die Zuerkennun­g und die Berechnung­smethode von Familienle­istungen selbst entscheide­n dürften.

Die Neuregelun­g in Österreich soll 2019 in Kraft treten. Es gehe dabei um eine «neue Gerechtigk­eit», sagte BognerStra­uß der Deutschen PresseAgen­tur. Die Lebenshalt­ungskosten seien in der EU eben unterschie­dlich hoch. Eine Indexierun­g könne in bestimmten Fällen, wenn Kinder in der Schweiz oder Skandinavi­en wohnten, auch eine Erhöhung bedeuten. Der Beschluss der Regierung im Mai sei durch eine Vervielfac­hung der Ausgaben in den vergangene­n Jahren ausgelöst worden.

Auch in Deutschlan­d gibt es derzeit Forderunge­n nach einer Anpassung (Indexierun­g) von Kindergeld­zahlungen ins Ausland. Hintergrun­d sind Rekordzahl­en bei ausländisc­hen Kindergeld­empfängern und Hinweise auf Betrugsfäl­le. FDPChef Christian Lindner sagte, die Höhe des Kindergeld­es „sollte sich an den tatsächlic­hen Unterhalts­kosten in dem Land orientiere­n, wo das Kind lebt – und die sind in osteuropäi­schen Staaten eben niedriger als in Deutschlan­d“.

Der Grünen-Sozialpoli­tiker Sven Lehmann kritisiert­e die Debatte um das Kindergeld. „Der eigentlich Skandal ist, dass die rund zwei Millionen Kinder, deren Eltern Hartz IV beziehen müssen, kein Kindergeld ausgezahlt bekommen“, sagte der Bundestags­abgeordnet­e dieser Redaktion. Die Anrechnung des Kindergeld­es als zusätzlich­es Einkommen sorge bei Eltern, die schon arm seien, dafür, dass sie von den geplanten Kindergeld­erhöhungen nicht profitiert­en. (dpa)

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