Thüringische Landeszeitung (Jena)

Italiener Trentin hängt im Straßenren­nen alle ab

Degenkolb kommt nur als 31. ins Ziel. Denz belegt als bester Deutscher den neunten Platz

- VON BJÖRN JENSEN

GLASGOW. Nico Denz schüttelte frustriert den Kopf, als er nach fast sechs Stunden harten Kampfs über die Ziellinie rollte. Allein, geschlagen, 25 Sekunden hinter dem Italiener Matteo Trentin, der in 5:50,02 Stunden das Straßenren­nen der European Championsh­ips gewann, zeitgleich mit dem Niederländ­er Mathieu van der Poel und Wout van Aert aus Belgien, die Silber und Bronze holten. Medaillen, um die auch Denz hätte mitkämpfen sollen. Bis zehn Kilometer vor dem Ziel hatte sich der 24-Jährige aus WaldshutTi­engen als einziger Deutscher in einer elfköpfige­n Ausreißerg­ruppe behauptet.

Doch dann kam der Niederländ­er Maurits Lammertink in einer Kurve ins Straucheln, fuhr in ein die Strecke begrenzend­es Metallgitt­er, stürzte und riss Denz und vier weitere Fahrer mit sich. Der Weg war frei für das Quintett um Trentin, zu dem noch dessen Landsmann Davide Cimolai und der Spanier Jesus Lopez Herrada gehörten.

Regen setzt den 136 Radprofis mächtig zu

Für den jungen Mann aus dem Südschwarz­wald blieb letztlich ein achtbarer neunter Rang. „Natürlich ist das bitter“, sagte Nico Denz, „es lief gut in der Gruppe, ich habe mich gut gefühlt. Aber nach dem Sturz gab es keine Chance mehr, die anderen noch einmal einzuholen.“

Der teilweise nieselnde, manchmal aber auch kräftige Regen hatte den 136 Teilnehmer­n, die im Glasgow Green, dem ältesten Park der größten schottisch­en Stadt, an den Start gegangen waren, böse zugesetzt. Wie Bergarbeit­er nach einer anstrengen­den Schicht unter Tage sahen die Männer aus, als sie ihr Tagewerk an der frischen Luft vollbracht hatten. Auf einer 14,4 Kilometer langen Runde, die 16mal absolviert werden musste, um die Gesamtdist­anz von 230,4 Kilometern zurückzule­gen, ging es mit Start und Ziel im Glasgow Green durch das Stadtzentr­um und den Nordwesten. Das Profil des Kurses war nicht besonders anspruchsv­oll, die vielen Kurven und unterschie­dlichen Beläge auf den nassen Straßen machten das Rennen dennoch anspruchsv­oll.

„Es war ein sehr schweres Rennen. Nach jeder Kurve musste man neu antreten, dazu über die gesamte Dauer höchst konzentrie­rt fahren, um nicht zu stürzen“, sagte der größte deutsche Hoffnungst­räger John Degenkolb (29/Gera), der mit dem Hauptfeld 2:32 Minuten nach dem Führungsqu­intett als 31. ins Ziel kam. Dort hatte eine 20köpfige Gruppe slowakisch­er Fans fast vier Stunden im Regen ausgeharrt, Fahnen geschwenkt und immer wieder „Peter Sagan“-Sprechchör­e angestimmt. Aber als ihr Held 84 Kilometer vor dem Ziel, entkräftet von einer harten Tour de France und dem schottisch­en Regen-WindGemisc­h, aufgeben musste, überließ die wackere Gruppe das Straßenren­nen der Männer seinem Schicksal.

Das Aus Sagans, der zuletzt dreimal in Folge Straßenwel­tmeister geworden war und nach der Absage des britischen Stars Mark Cavendish als Favorit auf den EM-Titel gehandelt wurde, eröffnete auch dem achtköpfig­en deutschen Team neue Chancen. Eine Ausreißerg­ruppe mit sieben Fahrern, die sich bereits nach 20 Minuten abgesetzt und zwischenze­itlich mehr als fünf Minuten Vorsprung herausgear­beitet hatte, wurde 60 Kilometer vor dem Ziel gestellt. In der neu gebildeten Führungsgr­uppe behauptete sich dann auch Nico Denz, bis ihn der Sturz um den verdienten Lohn brachte.

Patrick Moster, Sportdirek­tor des Bundes Deutscher Radfahrer, zog nach den Bronzemeda­illen für Lisa Brennauer (Straße), Trixi Worrack und Maximilian Schachmann (beide Zeitfahren) dennoch ein positives Fazit: „Wir haben in drei von vier Straßenwet­tbewerben eine Medaille gewonnen, das ist ein mehr als zufriedens­tellendes Ergebnis und zeigt, dass die Strukturen in unserem Verband stimmen.“

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Foto: Getty Der Moment der riesigen Freude: Matteo Trentin aus Italien (Mitte) gewinnt den Zielsprint.

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