Thüringische Landeszeitung (Jena)
Schnell-Architektur mit Tintenfisch
Zum Lobedaer BauhausFestival im Mai 2019 gab es am Sonntag WorkshopErgebnisse zu sehen
JENA. Die benachbarte Bauhaus-Stadt Weimar baut zum nächstjährigen Bauhaus-Jubiläum ein neues Museum. Jena wendet sich dem Festjahr der Architektur-Moderne ganz anders zu – unter anderem mit dem Schnell-Architektur-Festival „72 Hour Urban Action“vom 2. bis 5. Mai 2019 in Lobeda-West (Zeitung berichtete).
Allerdings ist es beileibe nicht mit 72 Stunden getan, sondern bedarf einer großen Vorbereitung. Und so konnten gestern des Vorgeschmacks halber die Ergebnisse eines dreitägigen Workshops begutachtet werden – nicht nur die mit Hilfe des Blasmusikvereins „Carl Zeiss“selbstgebauten Instrumente, sondern auch: den Octopus. Der pinkfarbene mobile Riesen-Tintenfisch mit seinen acht Armen ist schon mal eine Intervention, wie Künstler gerne sagen, um auf das Schnell-Architektur-Festival hinzudeuten.
Jenakultur-Chef Jonas Zipf legte gestern in großer Runde gemeinsam mit den Kuratoren Kerem Halbrecht und Gilly Karjevsky dar, wie das Festival läuft: 100 Menschen aus aller Welt, die Hälfte von ihnen aber aus Lobeda, erhalten in zehn Teams jeweils die Aufgabe, einen von zehn ausgewählten Orten in Lobeda-West mit einer bestimmten thematischen Installation auszustatten. Dazu haben sie 72 Stunden Zeit, wobei sie sich fünf Tage lang zuvor in einem Camp kennenlernen. Designer Markus Nießner begleitet das Projekt moderierend; er erläuterte, dass die Teams in der ersten Nacht ihre konkrete Idee zu entwickeln hätten. Es folge die Einschätzung eines Baustatikers, und anschließend heiße es schon, zum Baumarkt zu fahren. Und dass niemand denken möge, hier kursierten nur gar wolkige Ideen: Markus Nießner sprach die mehrjährige Erfolgsgeschichte der „72 Hour Urban Action“an. Die erste Auflage des Festivals sei 2010 zur Architektur-Bienale in Tel Aviv dargeboten worden, weitere folgten 2012 in Deutschland (Stuttgart) oder etwa in Dänemark und Italien. Insofern könne man sich auch sicher sein, dass sich genügend Team-Mitstreiter melden – gemeinhin sei die Bewerberzahl zehnmal so groß gewesen wie das erwünschte Teilnehmerfeld. Nießner erinnert sich an schöne verwirklichte Projekte, etwa an einen Zehn-Meter-Tischfußballkicker, an eine Schulhofgestaltung in Stuttgart oder an Outdoor-Möbel vor einem Altenheim in Israel.
Ursprünglich gestartet wurde das Jenaer Projekt im Februar, so berichtete Nießner, als in einem Workshop das Image Lobedas erkundet wurde. Wie sehen das die Bewohner, wie die Gäste? Im April schließlich wurden bei der Fahrt mit einem InfoMobil ziemlich provokativ Fragen zu Lobeda auf Straßen gesprüht (mit Lebensmittelfarbe!). Und nun gilt es nach Jonas Zipfs Beschreibung, mit Hilfe möglichst vieler Bürger-Hinweise zehn Aufgaben für die Teams zu formulieren. CDU-Stadträtin Elisabeth Wackernagel berichtete, dass 46 potenzielle Aufgabenstellungen bereits vorgefertigt wurden, die nun auf zehn reduziert werden müssten.
Im Kern helfe das Festival in Lobeda, den Blick zu schärfen, dass hiesige Wohngebiete sich nicht unterschiedlich schnell entwickeln, sagte Jonas Zipf. „Hier sind Menschen, die sich Passt prima zum Vorbereitungs-Workshop fürs Schnell-Architektur-Festival: Ebenfalls auf dem Gelände am KuBus-Klub in Lobeda-West hat die Initiative „Kitchen on the run“Station gemacht. Noch bis zum . September werden dort bunte internationale Koch-Abende angeboten. Genaue Informationen zu den Terminen finden sich hier: https://www.facebook.com/pg/kitchenontherun/events.
Foto: Kristian Philler begeistern lassen.“Stadtentwicklungsdezernent Denis Peisker (Grüne) würdigte den Wert der Partizipation, „um gemeinsam Projekte zu realisieren“. Aus Mieterbefragungen sei immer wieder hervorgegangen, dass die Menschen sich mehr Möglichkeiten wünschten, einander kennenzulernen. Stadtplanung solle nicht nur den Experten obliegen, sagte Kerem Halbrecht. „Das ist für Bürger die Möglichkeit der Teilnahme.“Und Jenawohnen-Sprecher Gunnar Poschmann malte sich aus, mit dem Festival die Lobedaer Kultur- und Vereinslandschaft in den Blickpunkt zu rücken.
Einer der Sponsoren des Festivals ist die Thüringer Landesentwicklungsgesellschaft LEG. Geschäftsführerin Sabine Wosche betrachtete es gestern als fundamental, „auch gute Wohngebiete“anzubieten, um dem Thüringer Einwohner-Schwund entgegenzuwirken. Immerhin sei im Freistaat kein Großwohngebiet so gut vorangeschritten wie Lobeda. Ortsteilbürgermeister Volker Blumentritt fühlte sich bestätigt – und zählte gleich noch einmal die aktuell acht großen Baustellen Lobedas auf.
DraußenMöbel für das Altenheim
• Vorschläge, Fragen, Ideen zum Festival per E-Mail an info@hoururbanaction.de oder per Post an Jenakultur, Caroline Zacheiß, Projektkoordination Hour Urban Action, Knebelstraße , Jena