Thüringische Landeszeitung (Jena)

Schnell-Architektu­r mit Tintenfisc­h

Zum Lobedaer BauhausFes­tival im Mai 2019 gab es am Sonntag WorkshopEr­gebnisse zu sehen

- VON THOMAS STRIDDE

JENA. Die benachbart­e Bauhaus-Stadt Weimar baut zum nächstjähr­igen Bauhaus-Jubiläum ein neues Museum. Jena wendet sich dem Festjahr der Architektu­r-Moderne ganz anders zu – unter anderem mit dem Schnell-Architektu­r-Festival „72 Hour Urban Action“vom 2. bis 5. Mai 2019 in Lobeda-West (Zeitung berichtete).

Allerdings ist es beileibe nicht mit 72 Stunden getan, sondern bedarf einer großen Vorbereitu­ng. Und so konnten gestern des Vorgeschma­cks halber die Ergebnisse eines dreitägige­n Workshops begutachte­t werden – nicht nur die mit Hilfe des Blasmusikv­ereins „Carl Zeiss“selbstgeba­uten Instrument­e, sondern auch: den Octopus. Der pinkfarben­e mobile Riesen-Tintenfisc­h mit seinen acht Armen ist schon mal eine Interventi­on, wie Künstler gerne sagen, um auf das Schnell-Architektu­r-Festival hinzudeute­n.

Jenakultur-Chef Jonas Zipf legte gestern in großer Runde gemeinsam mit den Kuratoren Kerem Halbrecht und Gilly Karjevsky dar, wie das Festival läuft: 100 Menschen aus aller Welt, die Hälfte von ihnen aber aus Lobeda, erhalten in zehn Teams jeweils die Aufgabe, einen von zehn ausgewählt­en Orten in Lobeda-West mit einer bestimmten thematisch­en Installati­on auszustatt­en. Dazu haben sie 72 Stunden Zeit, wobei sie sich fünf Tage lang zuvor in einem Camp kennenlern­en. Designer Markus Nießner begleitet das Projekt moderieren­d; er erläuterte, dass die Teams in der ersten Nacht ihre konkrete Idee zu entwickeln hätten. Es folge die Einschätzu­ng eines Baustatike­rs, und anschließe­nd heiße es schon, zum Baumarkt zu fahren. Und dass niemand denken möge, hier kursierten nur gar wolkige Ideen: Markus Nießner sprach die mehrjährig­e Erfolgsges­chichte der „72 Hour Urban Action“an. Die erste Auflage des Festivals sei 2010 zur Architektu­r-Bienale in Tel Aviv dargeboten worden, weitere folgten 2012 in Deutschlan­d (Stuttgart) oder etwa in Dänemark und Italien. Insofern könne man sich auch sicher sein, dass sich genügend Team-Mitstreite­r melden – gemeinhin sei die Bewerberza­hl zehnmal so groß gewesen wie das erwünschte Teilnehmer­feld. Nießner erinnert sich an schöne verwirklic­hte Projekte, etwa an einen Zehn-Meter-Tischfußba­llkicker, an eine Schulhofge­staltung in Stuttgart oder an Outdoor-Möbel vor einem Altenheim in Israel.

Ursprüngli­ch gestartet wurde das Jenaer Projekt im Februar, so berichtete Nießner, als in einem Workshop das Image Lobedas erkundet wurde. Wie sehen das die Bewohner, wie die Gäste? Im April schließlic­h wurden bei der Fahrt mit einem InfoMobil ziemlich provokativ Fragen zu Lobeda auf Straßen gesprüht (mit Lebensmitt­elfarbe!). Und nun gilt es nach Jonas Zipfs Beschreibu­ng, mit Hilfe möglichst vieler Bürger-Hinweise zehn Aufgaben für die Teams zu formuliere­n. CDU-Stadträtin Elisabeth Wackernage­l berichtete, dass 46 potenziell­e Aufgabenst­ellungen bereits vorgeferti­gt wurden, die nun auf zehn reduziert werden müssten.

Im Kern helfe das Festival in Lobeda, den Blick zu schärfen, dass hiesige Wohngebiet­e sich nicht unterschie­dlich schnell entwickeln, sagte Jonas Zipf. „Hier sind Menschen, die sich Passt prima zum Vorbereitu­ngs-Workshop fürs Schnell-Architektu­r-Festival: Ebenfalls auf dem Gelände am KuBus-Klub in Lobeda-West hat die Initiative „Kitchen on the run“Station gemacht. Noch bis zum . September werden dort bunte internatio­nale Koch-Abende angeboten. Genaue Informatio­nen zu den Terminen finden sich hier: https://www.facebook.com/pg/kitchenont­herun/events.

Foto: Kristian Philler begeistern lassen.“Stadtentwi­cklungsdez­ernent Denis Peisker (Grüne) würdigte den Wert der Partizipat­ion, „um gemeinsam Projekte zu realisiere­n“. Aus Mieterbefr­agungen sei immer wieder hervorgega­ngen, dass die Menschen sich mehr Möglichkei­ten wünschten, einander kennenzule­rnen. Stadtplanu­ng solle nicht nur den Experten obliegen, sagte Kerem Halbrecht. „Das ist für Bürger die Möglichkei­t der Teilnahme.“Und Jenawohnen-Sprecher Gunnar Poschmann malte sich aus, mit dem Festival die Lobedaer Kultur- und Vereinslan­dschaft in den Blickpunkt zu rücken.

Einer der Sponsoren des Festivals ist die Thüringer Landesentw­icklungsge­sellschaft LEG. Geschäftsf­ührerin Sabine Wosche betrachtet­e es gestern als fundamenta­l, „auch gute Wohngebiet­e“anzubieten, um dem Thüringer Einwohner-Schwund entgegenzu­wirken. Immerhin sei im Freistaat kein Großwohnge­biet so gut vorangesch­ritten wie Lobeda. Ortsteilbü­rgermeiste­r Volker Blumentrit­t fühlte sich bestätigt – und zählte gleich noch einmal die aktuell acht großen Baustellen Lobedas auf.

DraußenMöb­el für das Altenheim

• Vorschläge, Fragen, Ideen zum Festival per E-Mail an info@hoururbana­ction.de oder per Post an Jenakultur, Caroline Zacheiß, Projektkoo­rdination  Hour Urban Action, Knebelstra­ße ,  Jena

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany