Thüringische Landeszeitung (Jena)
Grüne steigen aus Stadionprojekt aus und fordern Sanierung im Bestand
Verzicht auf 52 Millionen teures Vorhaben wäre auch im Sinne des FC und der Fans – Südkurve könnte dann bleiben
JENA.
Die politische Mehrheit für den Neubau eines Stadions in Jena bröckelt. Vor der am nächsten Mittwoch in nicht öffentlicher Sitzung des Stadtrats geplanten Abstimmung über den 52 Millionen schweren Neubau haben nun die Grünen für sich die Reißleine gezogen und sagen klipp und klar nein.
Damit steigt die StadtratsFraktion der Grünen aus dem Stadionprojekt aus, das sie bisher in der großen Koalition mit CDU und SPD mitgetragen hatte. „Das war ein Kompromiss aus Koalitionsrücksicht“, sagt Heiko Knopf, Fraktionschef der Grünen. Da sei man doch eine Zeit lang einen falschen Weg mit gegangen, wie er und Kreissprecher Wolfgang Volkmer eingestehen. Nun aber sollte man den Mut haben, einen schwerwiegenden Fehler zu verhindern.
Der Stadtrat habe sich verrannt in ein Projekt, das immer teurer geworden sei und weiter teurer werde, warnen die Grünen. Doch zunehmend behandele der Stadtrat das brisante Thema nach dem Motto „Augen zu und durch!“Dabei sollte doch die Entwicklung um den Stadion-Neubau in Erfurt zu denken geben. Das dortige Szenario sei auch in Jena denkbar.
So wäre durch das neue Stadion eine Überlastung des FC Carl Zeiss Jena zu befürchten. Denn der könnte die jährlichen Nutzungskosten wohl nur unter größten Anstrengungen aufbringen. Es drohe Zahlungsunfähigkeit mit verheerenden Folgen für Club und Spielbetrieb. Das könne nicht im Sinne der vielen Fußballfans sein.
Stattdessen setzen die Grünen auf eine grundhafte Sanierung des Ernst-Abbe-Sportfeldes für Fußball und Leichtathletik. Dafür gebe es bereits ein Konzept, das nur aktualisiert werden müsste. Ein Umbau im Bestand verbrauche weniger Ressourcen und erhalte auch die bereits getätigten Investitionen wie etwa die Tartanbahn.
Nicht zuletzt machen die Grünen auch auf das derzeit heiß diskutierte Thema aufmerksam. Die Südkurve, um die die Fans kämpfen, wäre bei einer Sanierung im Bestand kein Thema mehr. Sie könnte bleiben.
Spielräume auch für Schwimmhalle erhalten Hintergrund für die Ablehnung durch die Grünen ist die derzeit schwierige Haushaltslage der Stadt. Es gebe noch keinen geschlossenen Doppelhaushalt 2019/2020, sagt Margret Franz. stellvertretende Fraktionschefin. „Um einen genehmigungsfähigen Haushalt vorlegen zu können, sollen nach Planung der Stadtverwaltung ab 2021 neue Schulden gemacht werden. Damit würde der Weg der Entschuldung verlassen. Es fehlen 47 Millionen Euro in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2023. Dieser Entwicklung können wir nicht zustimmen“, betont Margret Franz. Denn der damit entstehende Konsolidierungsdruck gehe zu Lasten freiwilliger Leistungen der Stadt.
„Jena muss wachsen, aber den ökologischen und sozialen Herausforderungen gewachsen bleiben“, meint Heiko Knopf. Zudem verweisen die Grünen darauf, dass man sich im Stadtrat eigentlich geeinigt habe, Jena bis zum Jahr 2024 schuldenfrei zu machen. Das sei auch der mehrheitliche Wille der im Rahmen des Bürgerhaushaltes befragten Einwohner der Stadt. Eine klare Mehrheit unter den Bürgern habe es zudem für den Bau einer Schwimmhalle gegeben, so die Grünen. Es sei also wichtig, auch dafür die finanzielle Kraft zu behalten und diesen Bürgerwunsch ohne Schulden zu realisieren.
Mit ihren Ausstieg aus dem Stadionprojekt berufen sich die Grünen, die sich nicht mehr an Koalitionsdisziplin gebunden fühlen, auch auf die Kritik von Bürgern, die sich nach Ansicht von Heiko Knopf zu Recht fragen, ob ein Stadion mit guten Bedingungen für Spieler und Fans wirklich so teuer werden müsse.
Bei den anderen Parteien im Stadtrat wurde der Vorstoß der Grünen mit Zurückhaltung aufgenommen. CDU-Fraktionsvorsitzender Guntram Wothly kündigte an, bei dem Stadionprojekt bleiben zu wollen. Weitere finanzielle Belastungen dürfte es aber nicht für die Stadt geben. Außerdem sei auch das Land Thüringen weiter in der Pflicht. Ein Abrücken vom Stadionprojekt würde die Politik nach einem solch bisher lang zurückgelegten Weg unglaubwürdig machen. Und auch SPD-Stadtrat Volker Blumentritt will von einem Verzicht aufs neue Stadion nichts wissen. Als treuer Stadionbesucher seit 1959 hofft er, nun endlich noch ein neues Stadion erleben zu dürfen.