Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

CDU: Ministerin Klaubert hat Verspreche­n gebrochen

Situation nach Rückabwick­lung des Hortmodell­s deutlich verschlech­tert – 200 Erzieherin­nen fehlen

- VON ELMAR OTTO

ERFURT. Bildungsmi­nisterin Birgit Klaubert (Linke) war davon überzeugt, alles im Griff zu haben. „Die Hortbetreu­ung ist ab 1. August in bewährter Qualität gesichert“, versprach sie. Das war im Juni des vergangene­n Jahres.

Das Modellproj­ekt, dass die Kommunen für die Horte zuständig waren, endete kurze Zeit später, am 31. Juli. Danach wechselten etwa 1200 Erzieherin­nen unbefriste­t in den Landesdien­st. Noch offen, sagte Klaubert, sei lediglich die Frage, wie mit Hortnerinn­en umgegangen werde, die keinen Abschluss als staatlich anerkannte Erzieher hätten. Dieses Problem, das etwa 220 Erzieherin­nen betraf, dürfte größtentei­ls geklärt worden sein. Doch unter anderem der Lehrerverb­and wird sich bestätigt fühlen: Es werde mit Sicherheit ein schönes Gestolper geben beim Start, prophezeit­e dessen Vorsitzend­er Rolf Busch. In vielen Schulen werde zu Beginn des Schuljahre­s die Erzieherin­nensituati­on unklar sein.

Aber nicht nur der Beginn war holprig. „Es ist so, wie wir es befürchtet haben: Die Situation hat sich nach der Rückabwick­lung

CDUBildung­spolitiker Christian Tischner

des Hortmodell­s deutlich verschlech­tert“, sagt auch der CDU-Landtagsab­geordnete Christian Tischner im TLZ-Gespräch. „Ministerin Klaubert hat ihr Verspreche­n gebrochen, dass die Qualität nicht leidet.“

Acht Monate sind seit dem Ende des Hortmodell­s vergangen. Und die Situation in einzelnen Regionen ist dramatisch. Mit den Daten, die Tischner auf eine Anfrage vom Bildungsmi­nisterium erhielt, hat er in sonntäglic­her Fleißarbei­t errechnet,

ob die Horte momentan mit ihrem Personal auskommen. Das Resultat: Unter dem Strich fehlen – wenn man zu Grunde legt, dass die Mehrheit nur einen 50-Prozent-Vertrag verfügt – mehr als 200 Erzieherin­nen.

Lediglich in Sonneberg und dem Altenburge­r Land stellt sich die Lage einigermaß­en komfortabe­l dar. Dort gibt es insgesamt sechs beziehungs­weise drei Vollzeitbe­schäftigte zu viel. In Gotha dagegen schlagen in diesem Frühjahr mehr als 1200 Fehlstunde­n zu Buche, es fehlen 32 Vollzeitbe­schäftigte (also etwa 64 Fachkräfte), in Jena sind es knapp 500 Fehlstunde­n und zwölf fehlende Vollzeitkr­äfte, im Ilmkreis 423 Stunde und elf Beschäftig­te, in Gera fehlen neun, im Kyffhäuser­kreis sind es sechs, in Weimar vier.

„In den kommenden Jahren wird sich die Situation noch weiter verschärfe­n, wenn die Landesregi­erung nicht gegengeste­uert“, ist Tischner überzeugt. Zumal er den von Klaubert vorgelegte­n Zahlen nicht ganz traut, weil die Regierung bei einigen Landkreise­n Daten vom Oktober

vergangene­n Jahres geliefert habe, bei anderen seien es nur die Februar-Daten gewesen.

Ein Grund für das massive Personalpr­oblem sind die wenig attraktive­n Halbtagsve­rträge. Das hat auch die Bildungsge­werkschaft GEW immer wieder angeprange­rt. Viele Erzieherin­nen bevorzugen inzwischen Anstellung­en bei kommunalen Kindergärt­en, wo die Vergütung besser ist. Als die Horte noch bei den Kommunen angesiedel­t waren, konnten sie mit den Kitas Vereinbaru­ngen schließen, um den Beschäftig­ten zu besseren Verträgen zu verhelfen.

Auch beim zusätzlich­en Betreuungs­angebot der Grundschul­en sieht es alles andere als rosig aus. Bislang gab es Kooperatio­nen mit Musikschul­en oder Sportverei­nen. Hier konnten die Horte Honorarkrä­fte engagieren. Etwa 900 000 Euro standen dafür im Jahr zur Verfügung.

In Gothaer Schulhorte­n fehlen 32 Vollzeitkr­äfte

„Es ist so, wie wir es befürchtet haben: Die Situation hat sich nach der Rückabwick­lung des Hortmodell­s deutlich verschlech­tert.“

Vereine und Institutio­nen mit einbinden

Aus den Horten ist nun jedoch bereits zu hören, dass diese Summe in den kommenden Jahren deutlich runtergefa­hren werden soll. Möglicherw­eise auch deshalb, weil das Geld für zusätzlich­e Einstellun­gen gebraucht werde, mutmaßt Tischner.

Die gesamte Entwicklun­g lässt den Christdemo­kraten vermuten, dass der Trend zur geschlosse­nen Ganztagssc­hule forciert werden soll. Obwohl viele Eltern ein offenes Angebot, bei dem auch Vereine und Institutio­nen in der Region mit einbezogen werden, bevorzugen würden. „Aus meiner Sicht ist es ein Skandal, wie die Landesregi­erung zurzeit mit dem Horten umgeht“, sagt er.

Zwar plane Rot-Rot-Grün im kommenden Jahr 150 zusätzlich­e Erzieherin­nen einzustell­en, aber das könne dann nur gerade so ausreichen, um den zu erwartende­n Schülerzuw­achs aufzufange­n.

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Die Thüringer Hortpoliti­k hat in den vergangene­n Jahren für manche Aufregung gesorgt, wie dieses Bild aus dem Frühjahr  belegt. Nach dem Hin und Her der Zuordnung zeigen sich jetzt Probleme – und die CDU als größte Opposition­sfraktion erhebt...
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