Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Zwei Boxhandschuhe und eine Torte, aber keine Zeit zum Feiern
RotWeißTrainer Stefan Krämer dachte an seinem gestrigen 50. Geburtstag vor allem an das Spiel gegen Mainz II
ERFURT. Aber ja, Geschenke gab es dann doch noch. Auch wenn Stefan Krämer an seinem gestrigen 50. Geburtstag für vieles Zeit hatte, nur für eines nicht: zum Feiern. Der Aufsichtsrat spendierte jedenfalls eine recht sehenswerte Torte, bei deren Anblick der rot-weiße Trainer demonstrativ mit beiden Händen über den Bauch strich. Und als Überraschungsgast stand plötzlich Robin Krasniqi im Raum. Der 29 Jahre alte Profiboxer, der am 22. April in Erfurt einen Kampf gegen Arthur Abraham bestreitet, überreichte Krämer ein paar Boxhandschuhe.
Vielleicht kein ganz unpassendes Symbol. Schließlich muss sich auch der Trainer mit seinen Spielern Woche für Woche aufs Neue durchboxen – am morgigen Sonnabend gegen die Mainzer Reserve. Eine Woche nach dem Gastspiel beim Spitzenreiter geht es nun gegen den Letzten. Eine Erfolgsgarantie lässt sich daraus nicht ableiten. Tabellenkonstellationen zählen wenig in dieser verrückten 3. Liga,, in der jeder jeden schlagen kann. „An jedem Spieltag heißt es fifty-fifty“, meinte Krämer. „Das ist brutal“, ergänzte Mittelfeldmann Christoph Menz.
Für die Erfurter wird es, wieder einmal, ein Spiel auf Biegen oder Brechen, in dem Einsatz „das gefragte Mittel“(Menz) ist. „Wir hatten in Duisburg keine Angst, und wir werden Mainz nicht unterschätzen“, versicherte Krämer, dessen Ärger über den in Duisburg kassierten umstrittenen Elfmeter schon auf der Heimfahrt kurz vor Erfurt verraucht war. „Fußball ist ein Fehlerspiel“, pflegt der Jubilar in solchen Momenten vorzutragen, „aber meine Begeisterung für dieses Spiel ist so groß, dass ich das schnell verarbeite, vorausgesetzt, wir haben nicht selbst versagt wie gegen Zwickau.“
Ein paar kleine Trümpfe können die Rot-Weißen morgen ins Feld führen. Jannis Nikolaou ist nach seiner Sperre ebenso zurück wie Carsten Kammlott, dessen Rückenprobleme auskuriert sind. Zudem hat sich der Vertrag mit Mittelfeldspieler Daniel Brückner durch dessen 18. Saisoneinsatz um ein weiteres Jahr bis Juni 2018 verlängert.
Einzig hinter Mikko Sumusalo steht für den Sonnabend noch ein Fragezeichen. Bei ihm entscheidet das heutige Abschlusstraining,
ob seine Sprunggelenkbeschwerden einen Einsatz zulassen. „Praktisch der gesamte Kader fit – das ist in so einer späten Saisonphase durchaus beachtlich“, meinte Krämer, der sich grundsätzlich zufrieden zeigte mit dem „guten Auftritt“seiner Spieler in den vergangenen englischen Wochen.
Der gebürtige Mainzer („Ich habe noch immer viele gute Kontakte dahin“) erwartet morgen spielstarke und gegenüber der Hinrunde deutlich couragiertere Gäste, sieht aber zugleich darin eine Chance: „Balleroberung ist unsere Stärke. Und je mehr Stationen der Gegner anspielt, umso mehr Gelegenheiten ergeben sich für uns, ihm den Ball abzuluchsen.“
Auf tabellarische Rechenspiele wollte sich Krämer aber nicht
einlassen. „In den vergangenen Spielen kam uns zugute, dass wir uns von den Rahmenbedingungen gelöst und nur auf uns und unser Spiel konzentriert waren“, sagte er, räumte aber ein, dass mit einem Sieg gegen Mainz und den dann erreichten 38 Punkten die Ausgangsposition im Kampf gegen den Abstieg „sehr gut“sei.
Das Versprechen, dem Trainer morgen drei Zähler als nachträgliches Geburtsgeschenk zu bescheren, ließ sich Christoph Menz vom Aufsichtsrat um Peter Kästner, Winfried Bergmann und Knut Herber abringen. Was sollte er auch schon anderes sagen? Immerhin winkt ja morgen ein kleiner nachträglicher Umtrunk. Den Termin „nach dem Spiel“hatte Krämer zumindest schon angedeutet.
Denn zum Feiern blieb ihm gestern einfach keine Zeit. Erst am Abend nach acht hatte er sein Büro zugeschlossen, nach zwei Trainingseinheiten, Videoanalysen und über 1000 Geburtstagsgrüßen auf allen sozialen Kanälen. Es erfüllte ihn mit Genugtuung, dass viele Wünsche von seinen einstigen Stationen in Bielefeld und Cottbus kamen. „Man schießt also nicht gleich und überall mit Pfeil und Bogen auf mich“, zwinkerte er. Auch seine Spieler zeigten sich beim Gratulieren gnädig und gewaltfrei. „Sie haben mir drei Punkte in Aussicht gestellt“, sagte Krämer, atmete tief durch und fügte hinzu: „Und zum Glück nicht gesungen.“
● FC Rot-Weiß – Mainz II Sonnabend, Uhr Steigerwaldstadion