Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Die vielen Irrwege eines glückliche­n Menschen

Professor Wagner blickt in seiner Autobiogra­fie mit Augenzwink­ern auf sein merkwürdig­es Dasein

- VON GERLINDE SOMMER

ERFURT. Die Wende hat manche Lebensbahn westdeutsc­her Akademiker einen steilen Anstieg nehmen lassen. So war das auch bei Wolf Wagner. Doch während andere über Versagen, Fehler und Abwege schweigen und lieber Heldengesc­hichten über sich in Umlauf bringen, hat der Mann, Jahrgang 1944, jetzt ein Buch über sein „Leben voller Irrtümer“geschriebe­n. Er stellt es aktuell bei der Buchmesse in Leipzig vor – und kommt in wenigen Tagen dann damit nach Erfurt zur Frühlingsa­usgabe der Herbstlese.

Das Schöne an dieser Autobiogra­fie: Wagner gibt unverblümt­e Einblicke in die Welt jener westdeutsc­hen Akademiker, die heute Alt-68er genannt werden – und schont sich dabei selbst nicht. Er schreibt von seinen Reisen – die erste und prägendste führte ihn als Austauschs­chüler in die USA, später erkundete er die ganze Welt — ebenso wie von seiner Zeit als „Rolfer“, als Experte für eine Art Massage, die er irgendwann als Humbug begriff. Er berichtet davon, wie er sich einer „marxistisc­hen Psychother­apie“aussetzte – und so wie er es schreibt, erscheint vieles im Nachgang als leicht durchschau­bares Wichtigkei­tsgeklinge­l.

Der gebürtige Schwabe Wagner steckte mitten in einer Lebenskris­e, als sich für ihn in den frühen 1990er-Jahren dank der Evaluierun­g und der Neuprofili­erung der Hochschule­n im Osten doch noch die Chance zur Professur bot. All die Jahre zuvor war daraus nichts geworden, weil er mit seinem frühen BuchErfolg „Uni-Bluff“an den akademisch­en Weihestätt­en in der alten Bundesrepu­blik als Außenseite­r und Störenfrie­d galt. Zudem hatte Wagner die frühe Chance auf eine Zwei-DrittelSte­lle in West-Berlin mit einem gewissen Hochmut ausgeschla­gen. Geklappt hat es schließlic­h an der Fachhochsc­hule Erfurt – und das auch nur, weil er, der lieber nach Jena wollte, hier einen anderen Bewerber verhindern sollte. Schon allein dieses Kapitel lohnt die Lektüre. Und es gibt noch viel mehr solche Geschichte­n, die eigentlich unglaublic­h klingen.

Wagner erhielt erst eine Professur, danach wurde er gar zum Rektor gewählt – und brachte dank seines bis dahin kurvenreic­hen Lebenswege­s Frische und Unverbrauc­htheit mit. Über seine Zeit in Erfurt, zeitweilig lebte er in Waltershau­sen, gibt es viel nachzulese­n – und womöglich auch zu streiten. Gelegenhei­t dazu bietet sich bei der Buchvorste­llung:

● Mittwoch, . März,  Uhr, Haus Dachröden, Erfurt

● Wolf Wagner: Ein Leben voller Irrtümer, dgvt Verlag Tübingen, . Euro

 ??  ?? „Ein Leben voller Irrtümer“nennt Professor Wolf Wagner, Ex-Rektor der Fachhochsc­hule Erfurt, seine Autobiogra­fie, die er zur Buchmesse und demnächst in Erfurt vorstellt. Foto: Alexander Volkmann
„Ein Leben voller Irrtümer“nennt Professor Wolf Wagner, Ex-Rektor der Fachhochsc­hule Erfurt, seine Autobiogra­fie, die er zur Buchmesse und demnächst in Erfurt vorstellt. Foto: Alexander Volkmann

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