Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Wolf Wagner: Es war eine wunderbare Lernorgie in Erfurt
„Ein Leben voller Irrtümer“– ist das nicht ganz schön kokett für einen ehemaligen Fachhochschulrektor und Professor, lieber Wolf Wagner?
Kokett nicht, sondern ehrlich, denn Titel und Bildung schützen vor Irrtum nicht.
Eigentlich haben Sie Ihre späte Karriere dem Mauerfall und der Wiedervereinigung zu verdanken. Wem müssen Sie sonst noch Vergelt’s Gott sagen?
Dem Irrtum, denn ohne ihn gäbe es mich nicht. Ich sollte verhütet werden, was nicht klappte. Ich sollte abgetrieben werden, was auch nicht klappte. Und meine Karriere an der Freien Universität verdanke ich einer Serie von Irrtümern.
Haderten Sie damit, dass Ihr früher BuchErfolg „UniBluff“Ihnen Karrierechancen im Westen verbaut hatte? Oder haderten Sie mit Ihrem Hochmut, eine ZweidrittelStelle einst ausgeschlagen zu haben?
Dieser hochmütige Irrtum hat mich ja auch stolz darauf sein lassen, dass ich nach dem UniBluff lange keine Chancen mehr hatte auf eine Uni-Professur.
Gesetzt den Fall, Sie könnten einige Irrtümer korrigieren: Welche wären es?
Die vielen Irrtümer, die Menschen Schaden zugefügt oder ihnen weh getan haben. Und meinen ständigen schwäbischen Versuch, es besonders richtig machen zu wollen, wodurch ich meist erst richtig ins Falsche geriet.
Und welchen Irrtümern würden Sie unbedingt wieder erliegen wollen?
Dem Irrtum, nach Erfurt an die Fachhochschule berufen worden zu sein. Objektiv war ich eine Fehlbesetzung. Aber es war eine wunderbare Lernorgie in Erfurt.
Es heißt ja immer: Alt werden ist nix für Feiglinge. Ist das ein Irrtum oder bittere Wahrheit?
Es ist ein Irrtum! Das ganze Leben ist nix für Feiglinge. Jedes Alter hat seine Herausforderungen. Oder würden Sie nochmal pubertär sein wollen?
Und wann würden Sie sagen: Es ist jetzt aber auch mal genug?
Nie! Ich hoffe auf noch viele Irrtümer.