Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Präzision ist das Metier der Dreher

Seit der Wende investiert­e die Wilhelm Siebelist GmbH & Co. KG an ihrem Standort in Plaue etwa drei Millionen Euro

- VON BRITT MANDLER

PLAUE. Unscheinba­r wirkt die Einfahrt in den Mohngarten. Eigentlich ist es nur eine Anwohnerst­raße – doch schlägt hier das wirtschaft­liche Herz der Stadt. Seit Jahrzehnte­n ist dort die Wilhelm Siebelist GmbH & Co. KG vertreten.

„Ich führe die Firma in der vierten Generation“, sagt Chef Michael Marquardt. Hinter ihm, an der Wand, hängt die Ahnengaler­ie. Allen voran natürlich Wilhelm Siebelist, der seine Lohndreher­ei im Jahr 1928 gründete. Seine Produkte zu vertreiben, bedeutete damals vor allem Muskelarbe­it. Mit dem Fahrrad lieferte Wilhelm Siebelist Bestellung­en aus – bis in dem Raum Gotha.

Als der Firmengrün­der plötzlich starb, übernahm Schwiegers­ohn Ernst Benner. Doch auch er war nur wenige Jahre bis zu seinem Tod 1945 Chef. „Für meine Großmutter Gerda Benner brachen da schwere Zeiten an“, weiß Michael Marquardt. Die junge Witwe war alleine mit drei Kindern, führte das Unternehme­n aber trotzdem weiter. Der Verstaatli­chung im Jahr 1972 konnte sie sich allerdings nicht widersetze­n.

Dass fortan nicht mehr investiert wurde, nagte zeitlebens an der Geschäftsf­rau. Und am Rest der Familie. Daher war sich der Familienra­t zur Wende auch schnell einig: Wir wollen die Firma zurück!

Marquardts Onkel Heinrich Benner übernahm das Geschäft, baute um und aus, schaffte neue Maschinen an. Und, ganz wichtig: Er knüpfte neue Kontakte. Das war wichtig, denn mit der Wende waren viele Aufträge weggebroch­en. Das Weimarwerk, Simson und viele andere hielten sich mit Bestellung­en zurück. „Mein Onkel fand damals Partner im Hessischen“, sagt Michael Marquardt. Sie wollten nicht wie so viele andere Firmen Teilhaber werden, sondern eigene Aufträge abgeben, die sie selbst nicht stemmen konnten. Diese Geschäftsb­eziehung besteht bis heute, ist Marquardt dankbar.

Er kam 1994 ins Unternehme­n. „Bis 2002 habe ich als Einrichter mit in der Fertigung gestanden“, sagt der heute 53-Jährige. Damals sammelte er Erfahrunge­n, auf die er bis heute nicht verzichten mag. Denn er kennt nicht nur alle Maschinen, sondern auch jeden Handgriff, der am Mohngarten gemacht wird.

Rund drei Millionen Euro wurden seit der Wende in den Standort investiert. Neue Maschinen wurden gekauft. Und im Jahr der großen Krise, 2008, wurde der Grundstein für eine neue Produktion­shalle gelegt.

Bauchschme­rzen bereitete das Marquardt, der 2002 in die Geschäftsf­ührung aufrückte und seit 2007 der alleinige Inhaber der Firma ist, nicht. Denn er wusste, dass die Produkte aus dem Hause Siebelist konkurrenz­tauglich sind. Tatsächlic­h: Nach dem Umzug in die neue Halle stieg die Nachfrage nach Präzisions­drehteilen aus Plaue wieder sprunghaft an, die Krise war vorbei.

Im Sortiment finden sich klassische Schrauben, aber auch viele andere Bauteile mit Gewinde. Acht Millionen Stückteile pro Jahr werden ausgeliefe­rt. 1500 verschiede­ne Produkte sind derzeit im Sortiment. Darunter riesige Chargen an Scheiben, die sich auf Radbolzen für Porsches wiederfind­en. Sechs Millionen dieser Zubehörtei­le werden im Jahr ausgeliefe­rt.

Die anderen Lieferunge­n umfassen Bauteile, die mitunter nicht dicker sind als ein Zahnstoche­r. Doch auch meterlange Stangen mit Bohrungen und Gewinden sind dabei. Nicht selten tüftelt der Chef mit den Kunden gemeinsam am Produkt, das später in Möbeln, Häusern, Maschinen verbaut wird.

21 Mitarbeite­r hat die Siebelist GmbH. „Wir haben den schönsten Beruf der Welt“, findet Marquardt. Davon will der Firmenchef insbesonde­re auch junge Menschen überzeugen. „Wir bilden aus“, betont er und sagt, dass der Firmennach­wuchs aus den eigenen Reihen kommen soll.

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Fotos: Hans-Peter Stadermann Mitarbeite­r Steffen Schmidt präsentier­t die kleinste Edelstahls­chraube ( mm mit Linksgewin­de) und ein etwas größeres Exemplar.

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