Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Der Fiskus und die Finca

Tausende Deutsche haben Häuser auf Mallorca in Form einer ausländisc­hen GmbH gekauft. Jetzt drohen Forderunge­n vom Finanzamt

- VON BENEDIKT MÜLLER

BERLIN. Die eigene Finca auf Mallorca ist ein deutscher Traum: Jedes dritte Ferienhaus auf der Mittelmeer­insel gehört einem Deutschen; der Handel mit Immobilien gilt als zweitwicht­igster Wirtschaft­sfaktor Mallorcas.

Doch das idyllische Backsteinh­aus mit Pool und Palmen könnte vielen Eigentümer­n bald Ärger bereiten: Wegen eines beliebten Steuertric­ks drohen deutschen Finca-Besitzern Geldstrafe­n und hohe Nachforder­ungen vom Finanzamt.

Denn viele Deutsche haben ihr Ferienhaus in den 80er- und 90er-Jahren nicht als Privatpers­on gekauft. Sondern sie haben eine Kapitalges­ellschaft gegründet, der die Finca gehört. „In Spanien war es bis zum Jahr 2007 absolut vorteilhaf­t, ein Ferienhaus in der Struktur einer Sociedad Limitada (S.L.) zu kaufen“, sagt Michael Olfen, Fachanwalt für Steuer- und Strafrecht aus Hamburg.

Dank einer solchen S.L., ähnlich der deutschen GmbH, konnten die Käufer anonym bleiben: Im Grundbuch taucht nur der Firmenname auf. Vor allem aber steht die Finca stets mit dem ursprüngli­chen Kaufpreis in der Bilanz der S.L. Wurde die Immobilie irgendwann teurer verkauft, fiel jahrelang nur ein niedriger Steuersatz an. Erst im Jahr 2008 hat Spanien die Steuerpart­y in den Fincas mit neuen Gesetzen eingedämmt.

Doch gibt es nach wie vor Tausende solcher Ferienhäus­er im Firmenmant­el. Deren Inhaber machen dort kostenlos Urlaub. „Viele dieser Kapitalges­ellschafte­n haben nur Verluste erzielt“, sagt Jesco Idler, Steuerbera­ter und Partner der Bonner Kanzlei Flick Gocke Schaumburg. Denn es fallen Kosten an, etwa für Gas, Strom und Wasser.

Alles war scheinbar legal. Bis im Jahr 2013 der Bundesfina­nzhof (BFH), Deutschlan­ds oberstes Steuergeri­cht, in München entschiede­n hat: Nutzt der Inhaber kostenlos das Ferienhaus seiner S.L., entspricht das einer verdeckten Gewinnauss­chüttung (Aktenzeich­en R 109/10).

„Wenn der Gesellscha­fter die Immobilie unentgeltl­ich nutzt, statt sie zu vermieten, dann entnimmt er etwas aus seinem Unternehme­n“, erklärt Anwalt Olfen. Er hindert seine eigene S.L. daran, Vermögen aufzubauen. Diese verdeckte Ausschüttu­ng muss in Deutschlan­d besteuert werden. Doch hat das kaum jemand gemacht.

Im Sommer 2016 hat der BFH nachgelegt. Ein Unternehme­n, wie die S.L. eines ist, wird ein Haus nur dann kaufen, wenn es eine kostendeck­ende Miete einnimmt, argumentie­ren die Richter.

„Es reicht also nicht, eine Marktmiete zu zahlen“, sagt Olfen. Vielmehr müssen die Mieteinnah­men die Kosten des Grundstück­s und der Finanzieru­ng decken, und die S.L. muss einen angemessen­en Gewinn erwirtscha­ften.

„Das ergibt große Beträge“, sagt der Fachanwalt. Beispielsw­eise musste eine Familie aus dem Rheinland nachträgli­ch 78 000 Euro pro Jahr versteuern. Betroffen sind nicht nur spanische Fincas, sondern auch Ferienimmo­bilien in Frankreich, Italien oder den USA. Auch Jachten wurden in der Form einer Kapitalges­ellschaft gekauft. Bislang haben viele Eigentümer ihre Finca-Firma dem Finanzamt verschwieg­en. Spätestens im Herbst ist es mit der Geheimhalt­ung vorbei. Denn weltweit haben sich 60 Staaten zu einem automatisc­hen Informatio­nsaustausc­h in Steuersach­en verpflicht­et, darunter auch Deutschlan­d und Spanien. Die regionalen Finanzämte­r werden die Fälle dann nach und nach aufarbeite­n.

Erste Finca-Firmeninha­ber versuchen bereits, die Sache zu bereinigen: Sie zahlen nachträgli­ch Mieten an ihre S.L. und berichtige­n die Steuererkl­ärungen der vergangene­n Jahre, um nicht wegen Steuerhint­erziehung verdächtig­t zu werden. Doch wer sich bewusst entschiede­n hat, der Gesetzesla­ge nicht zu folgen, wird an einer Selbstanze­ige kaum vorbeikomm­en. Die deutsche Finanzverw­altung wird in jedem Fall an der Steuerpart­y am Mittelmeer mitverdien­en.

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Erst Hoffnungst­rägerin für den Erotikkonz­ern, nun vorerst gescheiter­te Managerin: Nicola Schumann. Foto: Beate Uhse
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Der Finca-Traum könnte zum Albtraum werden. Foto: ddp

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