Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Erst jedes 3000. Auto im Kreis fährt elektrisch
BerghofNiederlassungsleiter Dietmar Sieland findet, das ist wenig, aber nur der Anfang. Er erwartet zudem neue Geschäftsfelder
LANDKREIS. 19 Elektroautos sind im Unstrut-Hainich-Kreis zugelassen, heißt es aus dem Landratsamt. Erstaunlich wenig, gemessen an den mehr als 55000 zugelassenen Pkw. Durch ganz Thüringen fahren immerhin 300 Autos mit reinem Elektroantrieb. Das seien immer noch zu wenig, erklärte Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) jüngst in einem Interview. Autokäufer setzen auf bewährte Antriebsformen, was wohl auch mit dem hohen Anschaffungspreis von Elektrofahrzeugen und einer unverhältnismäßig geringen Reichweite zu tun hat.
Alternative Kraftstoffe, wie Erdgas oder Autogas konnten sich in den vergangenen Jahren nicht durchsetzen, belegen die Statistik sowie die immer geringer werdende Zahl von Gastankstellen. Im Landkreis gibt es nur noch eine Erdgastankstelle – auf dem Betriebshof der Regionalbus GmbH.
Am 1. Januar 2016 waren laut Kraftfahrtbundesamt im Unstrut-Hainich-Kreis 55 282 Fahrzeuge zugelassen, 39 093 Benziner und 15 372 Dieselfahrzeuge. Mit Gas wurden 725 Autos betrieben, davon 89 mit Erdgas.
In den nächsten drei bis fünf Jahren werden deutlich mehr Elektrofahrzeuge unterwegs sei, ist Dietmar Sieland sicher. Er ist Leiter der Mühlhäuser Niederlassung der Berghof-Gruppe – einem der führenden Unternehmen in Sachen Leittechnik.
Ein dort entwickeltes AkkuLadegerät für Elektrofahrzeuge steht vor der Serienreife und befindet sich im Test bei großen Autobauern. Auch das Interesse an Prüfständen für Hochvoltspeicher fülle die Auftragsbücher, sagt Sieland. Das Unternehmen profitiert von Elektromobilität.
Einige Experten sagen, dass mit dem Einsatz von Elektromotoren statt aufwendiger Verbrennungsmotoren in Autos auch der Bedarf an Personal in der Automobilbranche sinken werde. Von 250000 weniger Jobs deutschlandweit oder mehr ist die Rede. Dietmar Sieland ist da deutlich optimistischer. Elektromotoren würden sich auch technisch weiter entwickeln, es würden zudem neue Geschäftsfelder durch die Elektromobilität erschlossen, sagt er, Stichwort Energiespeicher für Solarmodule oder Windkraftanlagen.
Zwar erkennt er an, dass die deutschen Auto-Ingenieure den Kollegen in den USA oder Japan etwas hinterher hinken. „Das holen wir auf“, sagt er und sieht mehr Chancen als Nachteile. Allerdings seien andere europäische Länder schon weiter, was Zulassungen geht, weiß Sieland. „Wenn sie durch Oslo laufen, begegnet ihnen fast jedes zweite Fahrzeug als Elektroauto“. Der norwegische Staat subventioniert kräftig. Nach dem DieselSkandal treten die deutschen Hersteller, allen voran Volkswagen, jetzt aufs Gas. Der Marktführer zieht die Konkurrenz mit. BMW etwa will für jedes seiner Modelle eine Hybrid-Variante anbieten, weiß Philipp Miska, Projektleiter bei Berghof und Experte für Elektromobilität. Das sei der Beginn eines Strategiewechsels, sagt er. Aber von der Idee, dass nur noch Elektroautos durch das Land fahren, sei man weit entfernt, sagt Sieland. Da bedürfe es Weiterentwicklungen, was vor allem die Reichweite angeht. Im besten Fall kommt man heute 300 bis 500 Kilometer weit mit einer StromLadung.
Einen Wandel werde es laut Sieland auch bei den Kfz-Werkstätten geben. Nachdem schon vor vielen Jahren Mechaniker zu Mechatronikern wurden, wird man noch mehr auf gut ausgebildete Elektroniker setzen. Die Automobilhersteller entwickeln mittlerweile Akkus für ihre Autos mit einer Spannung von bis zu 1000 Volt Gleichstrom, weiß Sieland. Da sind Schutzmaßnahmen unumgänglich. Auch für Rettungsdienste, wie die Feuerwehr, wird das Thema auf der Tagesordnung stehen.