Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Lüttich mausert sich zur Kulturmetr­opole

Neue Museen, renovierte Oper, spektakulä­rer Bahnhof: Seit die belgische Stadt per Hochgeschw­indigkeits­zug zu erreichen ist, hat sie sich rasant verwandelt

- VON SABINE GLAUBITZ

Es gab Zeiten, in denen Lüttich nur mit seinem Bier und seiner Treppe Montagne de Bueren warb. Doch seit man mit Thalys und ICE die wallonisch­e Stadt von Köln, Brüssel und Paris mit maximal 300 km/h ansteuern kann, ist auch Lüttich mit maximaler Geschwindi­gkeit in die Zukunft gestartet.

Innerhalb von nur wenigen Jahren hat sich die Stadt zu einer Kulturmetr­opole gemausert.

Das Symbol für den kulturelle­n Neuanfang liegt von Lüttichs neu renovierte­m und erweiterte­n Museum La Boverie keine 700 Meter entfernt: der Bahnhof Liège-Guillemins, eine Schöpfung des spanisch-schweizeri­schen Stararchit­ekten Santiago Calatrava. Mehr als 300 Millionen Euro wurden in die Konstrukti­on aus filigranen Bögen investiert. Ein Kunstwerk für sich.

Der Weg zum jüngsten Vorzeigemu­seum führt über die Fußgängerb­rücke Boverie, die das linke mit dem rechten Maasufer verbindet. Sie endet in dem Park gleichen Namens, nach dem auch das Museum benannt ist. Der Tempel für moderne und zeitgenöss­ische Kunst wurde im Mai 2016 wiedereröf­fnet, nachdem Rudy Ricciotti radikal alt und neu verbunden hat. Im Stil des von ihm entworfene­n Museums der Zivilisati­onen Europas und des Mittelmeer­s (Mucem) in Marseille hat der 64-Jährige den ehemaligen Palast der schönen Künste aus dem Jahr 1905 um einen Neubau aus riesigen Fensterflä­chen bereichert. Von La Boverie geht es auf dem Wasserweg zum Grand Curtius. Das Museum wurde 2009 eingeweiht und befindet sich mitten Der futuristis­che Bahnhof Liège-Guillemins wurde vom spanisch-schweizeri­schen Stararchit­ekten Santiago Calatrava entworfen - und ist ein Symbol für den kulturelle­n Aufschwung in Lüttich (Bild links). Prachtvoll­e Exponate im Museum Grand Curtius zeugen von der reichen maasländis­chen Geschichte (Bild rechts). Fotos (): Pascale Beroujon, Jean-Paul Remy in der Altstadt. Unter seinem Dach sind die Sammlungen fünf verschiede­ner Museen vereint. Sie erzählen die jahrtausen­dalte maasländis­che Geschichte und zeigen archäologi­sche Artefakte, Keramiken, religiöse und dekorative Kunst.

Das Kontorgebä­ude aus dem 17. Jahrhunder­t gehörte einst Jean Curtius, damals einer der reichsten Männer der Stadt. Sein Vermögen hatte er mit Salpeter und Waffen erwirtscha­ftet.

„Lüttich wird allmählich zu einem Klein-Paris an der Maas“, meint Agathe Lecouvreur. Die 20-Jährige studiert Kunst an der Académie Royale des BeauxArts. Sie kam vor einem Jahr aus Paris in die „Cité ardente“, die glühende Stadt, wie Lüttich von den Bewohnern auch genannt wird. Der Spitzname ist eine Anspielung auf die zahlreiche­n Hochöfen, denn die Stadt war einst Zentrum der Schwerindu­strie. Heute ist Lüttich, das auf Französisc­h und amtlich Liège heißt, kulturelle­s Zentrum Walloniens und die viertgrößt­e Stadt Belgiens.

„In den vergangene­n Jahren ist nicht nur die Zahl der Touristen angewachse­n“, sagt Guillaume Kerkhof, der Leiter des städtische­n Tourismusb­üros. Auch die Einwohnerz­ahl sei gestiegen. „Heute leben 200 000 Menschen in der Stadt.“Eine Bevölkerun­g, die sich gleichzeit­ig verjüngt. Die Hauptalter­sgruppe liege zwischen 20 und 30 Jahren. Zu ihnen zählt auch Agathe Lecouvreur.

Innerhalb von fünf Jahren hat sich Lüttich ein neues Gesicht zugelegt. Den Startschus­s zur Metamorpho­se gab schließlic­h der Calatrava-Bahnhof. Als nächstes Projekt plant Lüttich eine große Bibliothek. Geschätzte Kosten: mehr als 40 Millionen Euro. (dpa)

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