Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
... der Kaffeefilter
Tausendmal gesehen, tausendmal benutzt – viele Dinge im Haushalt erscheinen uns ganz selbstverständlich. Doch es lohnt sich, sie einmal genauer zu betrachten.
Trotz seiner Beliebtheit seit dem 16. Jahrhundert war der Kaffeegenuss eine krümelige Angelegenheit, die nicht selten Bohnenreste zwischen den Zähnen hinterließ. Metallsiebe oder unangenehm schmeckende Stofffilter halfen so wenig, dass es der sächsischen Hausfrau Melitta Bentz im Herbst 1908 ein für alle Mal reichte. Sie durchlöcherte den Boden einer Konservendose, legte ein zurechtgeschnittenes Löschpapier aus dem Schulheft ihres Sohnes hinein und genoss anschließend ihren ersten reinen Kaffee. Kurz darauf meldete sie ihren „Kaffeefilter mit nach unten gewölbtem, mit einem Abflussloch versehenem Boden und lose einliegendem Siebe“beim Kaiserlichen Patentamt in Berlin an und gründete ihr Familienunternehmen. Während ihre Söhne Filterpapier-Kartons auf Bollerwagen ausfuhren, führte ihr Ehemann die Handhabung in Schaufenstern vor, während Melitta sämtliche Bekannte zum Kaffeeklatsch einlud – auch marketingtechnisch funktionierte die Firma von Anfang an gut.
Nach einer Flaute während des Ersten Weltkriegs, wo sowohl Papier als auch Kaffee knapp wurden, ging es in der Nachkriegszeit wieder bergauf, die Firma expandierte und erfand 1936 schließlich die noch heute gebräuchliche, weltweit bekannte Filtertüte mit ihrer nach unten spitz zulaufenden Form. Und während Filterkaffee zuletzt ein wenig aus der Mode gekommen und von Trendgetränkenwie Latte macchiato und Frappuccino übertrumpft schien, ist er jetzt wieder voll da – gerne auch mit Oma Melittas Filtertüte zubereitet. (jh)