Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Sehr gutes Arbeitszeu­gnis nicht ausreichen­d

Gericht erkennt nicht ernst gemeinte Passagen – Formulieru­ngshoheit liegt dennoch beim Arbeitgebe­r

- VON KATHRIN STOCKE UND KERSTIN LANGE

WEIMAR. In der Praxis spielt die Ausstellun­g eines Arbeitszeu­gnisses bei Beendigung eines Arbeitsver­hältnisses immer wieder eine wichtige Rolle. Die Parteien streiten sich teilweise verbissen um einzelne Formulieru­ngen.

Ein solcher Sachverhal­t lag auch der Entscheidu­ng des LAG Hamm vom 14. November 2016 zugrunde. Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er hatten sich in einem vorhergehe­nden Rechtsstre­it darauf geeinigt, dass der Arbeitnehm­er der Arbeitgebe­rin einen Zeugnisent­wurf vorlegt und diese hiervon nur aus wichtigem Grund abweichen darf.

Dies hat der Arbeitnehm­er über seinen Rechtsanwa­lt getan. Die Arbeitgebe­rin übersandte ihrem ehemaligen Arbeitnehm­er ein Zeugnis, welches von dem übermittel­ten Entwurf in einigen Punkten sprachlich durch Synonyme oder Steigerung­en abwich. So hat sie zum Beispiel wiedergege­ben, dass der Kläger anstatt einer „sehr guten Auffassung­sgabe“eine „extrem gute Auffassung­sgabe“besitzt. Es wurde ihm nicht „stets sehr gute Zusammenar­beit“, sondern für die „stets hervorrage­nde Zusammenar­beit“gedankt. Des Weiteren hat die Arbeitgebe­rin in dem Zeugnis mitgeteilt, anstatt „wir bewerten ihn mit ‚sehr gut‘“„wenn es eine bessere Note als ‚sehr gut‘ geben würde, würden ihn damit beurteilen“.

Dagegen heißt es in dem ausgestell­ten Zeugnis nicht mehr, dass die Arbeitgebe­rin es bedauert, dass der ehemalige Arbeitnehm­er das Unternehme­n verlässt, sondern nur noch, dass die Arbeitgebe­rin den Weggang zur Kenntnis nimmt. Der ehemalige Arbeitnehm­er ist nunmehr vor die Gerichte im Rahmen eines Zwangsvoll­streckungs­verfahrens gegangen, um das ursprüngli­ch von ihm gefertigte Arbeitszeu­gnis durchzuset­zen. Sowohl das Arbeits- als auch das Landesarbe­itsgericht sahen das veränderte Arbeitszeu­gnis der Arbeitgebe­rin nicht als Erfüllung ihrer Verpflicht­ung aus dem vorhergehe­nden Vergleich. Zwar seien die Bewertunge­n des Arbeitgebe­rs gesteigert, doch dadurch gibt die Arbeitgebe­rin einem unbefangen­en Leser ausdrückli­ch klar zur Kenntnis, dass die Formulieru­ngen nicht ernst gemeint seien. Dies widersprec­he den Grundsätze­n einer Zeugnisert­eilung. Insbesonde­re der Widerspruc­h zu dem fehlenden Bedauern und der übersteige­rten Bewertung wirke sich negativ aus.

Grundsätzl­ich führt jedoch das LAG aus, dass zwar der Arbeitnehm­er bei Beendigung des Arbeitsver­hältnisses einen Anspruch auf ein schriftlic­hes Zeugnis hatte, die Formulieru­ngshoheit aber liegt beim Arbeitgebe­r.

Damit ist der Arbeitgebe­r nicht an die Formulieru­ngsvorschl­äge des Arbeitnehm­ers gebunden.

● Aktenzeich­en:

LAG Hamm,  Ta /

Die Autorinnen sind Kathrin Stocke vom Allgemeine­n Arbeitgebe­rverband Thüringen und Kerstin Lange vom Verband der Metall- und Elektro-Industrie in Thüringen

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