Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Über Catbonds

- VON JOE LITTLE

Unser Jüngster macht schon wieder auf dicke Hose. Wir sitzen unter der Abendsonne im Garten hinterm Haupthaus der Ranch und grillen. Dick hat großspurig eine Magnumflas­che Bushfirewh­iskey spendiert. Er wolle uns gern an seinem Börsenerfo­lg mit Catbonds teilhaben lassen, verkündet der Aufschneid­er. Für die Steaks haben wir unser Sparschwei­n geschlacht­et.

Was das denn sei, frage ich neugierig. Da ist aus Bills Richtung nur ein Zischen zu hören, weil er soeben das Fleisch ablöscht. Jack, unser Alter, lässt sich in den Liegestuhl plumpsen, krault Falstaff, dem Ranchkater, der prompt auf seinen Schoß springt, den Nacken und verkündet gemütlich: „Eine Wette auf gutes Wetter.“Wir lachen.

Dann runzelt Jack die Stirn und urteilt: „Eine riskante Geldanlage in der Versicheru­ngswirtsch­aft. Aber moralisch unbedenkli­ch.“Man könne an der Börse ja auf alles Mögliche zocken, auf Nahrungsmi­ttel und Wechselkur­se, auf Mobiltelef­one, Erdöl und Rüstungsex­porte. Catbonds seien da harmlos. Falstaff schnurrt, die Steaks sind jetzt richtig.

Wir lassen‘s uns schmecken. Vollmundig verteidigt sich Dick, die Wirtschaft sei doch seit langem im Aufschwung. Und er habe sich eben entschiede­n, als Investor davon zu profitiere­n. Weil über Lohnund Gehaltsste­igerungen so gut wie nichts von den Profiten beim Volk ankomme, schöpfe er die Renditen halt an der Quelle ab. Sein Mut imponiert uns. Trotzdem ist uns all das nicht geheuer.

Falstaff macht sich keine Gedanken. Er schmarotzt schamlos einen Anteil von den Steaks, und als wir zum Bushfire übergehen, kriegt er auch seine Promille. So ein Cowboykate­r ist ganz schön versoffen. Trotzdem dränge ich auf mehr Details. Dick putzt seinen Teller und zuckt mit den Schultern.

Jack erklärt: „Gegen hohe Schadensri­siken durch Naturkatas­trophen sichern Versicheru­ngen sich bei den großen Rückversic­herern ab. Und die wiederum verteilen das Risiko über Catbonds auf dem Kapitalmar­kt.“Ich blinzle in den Sonnenunte­rgang, erschlage die erste – mutmaßlich unversiche­rte – Mücke dieser Saison und bin ganz schön benebelt. Falstaff leckt an der Flasche. So richtig kapiert haben wir beide Dickies Anlagen nicht. Jack merkt das und sagt: „Wenn der Hurrikan kommt, sind die Catbonds halt futsch. Wenn nicht, gibt’s ‘ne Rendite.“

Krass. Aber macht nix, wir saufen. Gut, dass Dick so viel Mumm hat. Hält sich im Sattel beim Börsenrode­o. Der Bushfire gurgelt gülden die Kehle hinab. Nur wird‘s irgendwann, wenn die Sonne weg ist, auch kühler. Jetzt kracht es sogar, weil über Weimar ein Gewitter aufzieht. Falstaff springt in die Büsche und kotzt. CatBond, Catbond ..., denke ich. Ein Geheimagen­t kotzt doch nicht. Das letzte, woran ich mich erinnere, bevor wir ins Haus getorkelt sind, ist die Idee, endlich ein altes Buch von F.C. Delius zu lesen: „Der Held und sein Wetter“. So eine Lektüre trägt auch etwas ein.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany