Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Als Vertreter einer Partei im Landtag
Wer ohne Direktmandat die Flagge wechselt, betrügt seine Wähler
Hans Süßenguth-großmann aus Jena schreibt zum Fraktionswechsel:
Aus aktuellem Anlass stelle ich mir die Frage ob das imperative Mandat eines Abgeordneten in jeden Fall als Begründung, dafür gelten kann, dass nach einem Parteiwechsel der jeweilige Abgeordnete unter neuer Flagge weiterhin im Landtag verbleiben kann.
Es gibt nach unserem Wahlrecht Abgeordnete mit Direktmandat und solche, die über die Listen der Parteien in die Parlamente kommen. Bei ersteren könnte man positiv gesehen davon ausgehend, dass der Kandidat einen persönlichen Wahlsieg errungen hat und aus diesem Umstand das Recht herleiten kann, ein imperatives Mandat zu beanspruchen.
Die SPD hat aber in Thüringen nur ein Direktmandat errungen und dessen Inhaberin ist nicht die Frau Rosin.
Bei den Abgeordneten auf den Listenplätzen haben die Institutionen der jeweiligen Partei über die Aufstellung der Wahlliste und daher letztlich über den „Wahlsieg“des Kandidaten, das heißt den Einzug in das Parlament, entschieden. Diese Abgeordneten sind nicht als Person gewählt, sondern sind Vertreter der Parteien, denen sie ihr Abgeordnetenmandat verdanken.
Wenn sich diese Abgeordneten mit ihrer Partei nicht mehr einverstanden erklären können, könnten sie aus dem Landtag ausscheiden oder ihr Mandat so ausüben, dass es ihren Vorstellungen entspricht und nicht der Fraktionsdisziplin.
Wenn man ohne Direktmandat die Flagge wechselt, betrügt man den Wähler, der für das Mandat seine Stimme einer Partei und keiner Person gegeben hat. Wenn nun eine Person sich das Recht anmaßen kann, die Stimme von Hunderten oder Tausenden Wählern völlig zu entwerten, warum soll man dann überhaupt eine Zweitstimme abgeben?