Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Über Stock und Stein durch Mühlhausen und das Reisersche Tal
Motorsportgeschichten: Deutsche Meisterschaft 1958 forderte Motorradfahrern viel Geschick ab und endete mit einigen Blessuren
MÜHLHAUSEN. Die Motorsportgeschichte seiner Heimatstadt nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, das ist das Anliegen des Mühlhäusers Karl-heinz Cramer. Er hat in den vergangenen Jahrzehnten eine umfangreiche Sammlung aufgebaut und erinnert an die lange Tradition von Motorradrennen in der Kreisstadt – diesmal an den vierten Lauf der Deutschen Meisterschaften im Motorrad-geländesport am 23. und 24. August 1958 in Mühlhausen.
„Rund um Mühlhausen“fordert von allem Teilnehmern eine Leistungsprüfungsfahrt über zwei Tage, kündigt das Programmheft von damals die Veranstaltung an, die vom Motorsport-club Mühlhausen/thüringen ausgerichtet wurde. Start und Ziel waren damals auf dem Blobach am Frauentor.
Hohe Anforderungen an Mensch und Material
Wohnort: Höngeda Geboren am: 17. Juli 2017 Uhrzeit: 16.26 Uhr Größe: 56 Zentimeter Gewicht: 3960 Gramm Eltern: Constanze und Christopher
Sonnabendmittag begrüßten am Fahrerlager auf dem festlich geschmückten Blobach Fahrtleiter Hans-joachim Langenhan und Vertreter der Stadt die 116 an den Start gehenden Fahrer aus der ganzen Republik und aus Westdeutschland, erinnert sich Cramer. Pünktlich um 12.30 Uhr senkte sich die Startflagge und die ersten Fahrer schossen davon, um den Kampf über 160 Kilometer, was vier Runden entsprach, aufzunehmen.
„Besonders viele Zuschauer hatten sich an den Brennpunkten des Geschehens eingefunden“, berichtet der Motorsportfreund Cramer.
Massen standen an der Schlammstrecke im Wald hinter dem „Peterhof“, im Sambacher Steingraben, an der steilen Geröllhalde am Reiserschen Tal und vor allem bei der Wasserdurchfahrt durch die Unstrut ebenfalls dort. Heute wäre das unvorstellbar, sagt Cramer, denn das Reisersche Tal ist Landschaftsschutzgebiet.
Hier mussten die Fahrer ihr ganzes Können aufbieten und nur wenige brachten ihre Maschinen ohne Strafpunkte über den glitschigen Untergrund. „Besondere Bewunderung rang uns dabei immer wieder die Lützkendorfer Sportfreundin Ruthild Beithel ab, die sich mit ihrer 125er MZ-RT 2 in dem starken Feld kühner Männer mit Schneid und Bravour behauptete“, schwärmt Cramer.
Wie sicher der Kurs war und welche Anforderungen an Mensch und Material gestellt wurden, zeigte wohl auch die Tatsache, dass schon am ersten Fahrtag 17 Maschinen und zwei Gespanne, darunter das BMWDUO Buchenau/sandner, ausschieden. Ebenfalls aufgeben musste gleich in der ersten Runde Egon Cramer, der für den MC Gotha antrat und sich bei einem schweren Sturz den linken Arm brach. Bitter war es für die Sportfreunde Ullrich/ebert vom MC Wismut Karl-marxstadt, als sie in der vierten Runde, zwölf Kilometer vor dem Ziel, noch völlig ohne Strafpunkte, mit ihrem 350er Gespann ins Schleudern gerieten, sich dreimal überschlugen und schließlich gegen einen Baum krachten. Die beiden Fahrer hatten großes Glück und kamen mit Hautabschürfungen, Armund Beinprellungen davon. Ihre Maschine wurde jedoch schwer beschädigt. Ein anderer Fahrer musste sich mit einer Gehirnerschütterung und ein weiterer mit einer Platzwunde am Schienbein in ärztliche Behandlung begeben. Auch am zweiten Tag der Leistungsprüfungsfahrt gab es für die Männer vom Deutschen Roten Kreuz wieder Arbeit, zumal die Strecke nun in umgekehrter Richtung und schneller als am Vortag zu fahren war. So stießen unter anderem zwei Solofahrer zusammen.
Einen ernsteren Unfall hätte es beinahe an der am Morgen noch mit 2000 Liter Wasser recht „saftig“gemachten Schlammdurchfahrt gegeben, erzählt Karl-heinz Cramer weiter, als ein Fahrer die Maschine nicht halten konnte, aus dem Waldweg geriet und ein Kind streifte. Am zweiten Tage fielen den Tücken des Kurses noch mal elf Solomaschinen und zwei Dreiradfahrzeuge zum Opfer. Insgesamt beendeten 81 der Gestarteten den Lauf in Wertung. Davon konnten 23 eine Goldmedaille, 19 eine Silber- und 27 eine Bronzemedaille erringen.
Den Gesamtsieg in der Mannschaftswertung erkämpfte die Mannschaft des sächsischen MC Zschopau auf ihren Mzmaschinen. Bester in der Einzelwertung wurde Dieter Kaluscha von der SG Dynamo Berlin auf „Jawa“.