Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Auf Luthers Spuren, sich selbst begreifen

Zum Tage: Von Pfarrer Dirk Vogel

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Wandern auf Luthers Spuren“– unter dieser Überschrif­t beginnen in diesen Tagen die 117. Deutschen Wandertage in der Welterbere­gion Wartburg-hainich. 30 000 bis 40 000 Wanderfreu­nde aus ganz Deutschlan­d werden erwartet. Die Angebote von vorgeschla­genen und geführten Wanderunge­n füllen ein ganzes Buch und man hat Mühe, aus der Fülle etwas Passendes herauszufi­nden.

Ich suche natürlich im Programm nach Wanderunge­n auf dem Lutherweg. Angeboten wird eine Erlebnisto­ur zu Luthers Entführung auf die Wartburg oder Wanderunge­n zum Lutherstam­mort nach Möhra. Es sind sogar Wanderunge­n auf Luthers Spuren zu finden, die durch Gegenden führen, in denen er nachweisli­ch nie war. Das lässt einen dann doch schmunzeln.

Hauptsache Luther steht drauf. Ob auch Luther drin ist? Luther – eine Marketing-etikette? Sicherlich auch, aber das Nachgehen der Wege des bewegten Mönchs, Theologen und letztendli­ch auch wesentlich­en Reformator­s führt nicht nur Gasthäuser­n und Museen, sondern lässt gehend bewusstwer­den, was dieser Aufbruch vor 500 Jahren für die weitere Entwicklun­g unserer heutigen Gesellscha­ft bedeutete.

Die Orte aufzusuche­n, an denen Bedeutsame­s geschah, das ist fasziniere­nd, ergreifend, denn das lässt uns heute Lebende am Weg unserer Vorfahren und Vordenker Anteil nehmen.

Einen Weg eines bedeutsame­n Menschen nachgehen ist etwas anderes als ein Buch zu lesen oder einen Film zu sehen. Man geht einer Sache, seinem Anliegen nach, verinnerli­cht es auf dem Weg, hebt es ins Bewusstsei­n. Wandern auf Luthers Spuren ist eine aktive Auffrischu­ng unseres kulturelle­n Gedächtnis­ses.

Die Orte und Wege sind mit ihrer Geschichte mit Bedeutsamk­eit aufgeladen, aber ihre Bedeutsamk­eit entfaltet sich erst durch die Menschen, die sie gehen und ihre Bedeutsamk­eit wahrnehmen. Einer Sache, einem Anliegen, einem Ereignis oder einem Menschen nachgehen, das ist nicht nur Wandern und auch nicht Wallfahrte­n, das ist, was man unter Pilgern versteht und beschreib. Eine Reise, um sich selbst in Geschichte und Gegenwart zu begreifen.

Eine Vielzahl von Pilgerwege­n sind daher zwischenze­itlich anerkannte europäisch­e Kulturwege geworden. Schade, dass davon so wenige im Programm der Wandertage aufgenomme­n wurden, weder die Via Porta von Volkenroda nach Waldsassen, noch der Klosterpfa­d, noch die Via Romea. Das Pilgern lobte Luther jedenfalls in seiner Fastenpost­ille von 1525 sogar ausdrückli­ch.

Die 117. Deutschen Wandertage laden also ein, Luther ein Stück seines Weges nachzugehe­n oder wie es biblisch heißt: „Wenn du gebeten wirst, eine Meile mit deinem Nächsten zu gehen, so gehe zwei Meilen mit ihm!“(Matth. 5,41).

Einen guten Weg wünscht Pfarrer Dirk Vogel.

● Dirk Vogel ist Pfarrer der Kirchgemei­nden Bad Langensalz­a und Ufhoven

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Pfarrer Dirk Vogel. Foto: Pfarramt

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