Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Eine Leidenscha­ft für das Zerbrechli­che

Künstlerdo­rf Friedrichs­rode (2):: Glas ist der Werkstoff von Christine Glasow.

- VON DIRK BERNKOPF

FRIEDRICHS­RODE. Am 17. September dieses Jahres wollen sich zehn Künstler des Künstlerdo­rfs Friedrichs­rode gemeinsam zum 1. Ateliertag der Öffentlich­keit präsentier­en. Sie wollen zeigen, dass die Kunst nicht nur an dem einmal jährlich veranstalt­eten und stark frequentie­rten Kunstmarkt in der Gemeinde einen hohen Stellenwer­t hat. TA stellt die Akteure vor.

Christina Glasow beteiligt sich an der gemeinsame­n Schau im Kunst(kuh)-stall und zeigt Glasobjekt­e und Fotografie­n. Die 73-Jährige sagt von sich: „Glas ist mein Werkstoff, die Fotografie kam später hinzu.“

Ihre Gläser waren in Galerien sehr gefragt

In Dresden geboren und in Halle aufgewachs­en, absolviert­e Glasow eine Buchhändle­rlehre und studierte ab 1971 an der Burg Giebichens­tein Industriel­le Formgestal­tung Glas und Porzellan. Als Diplom-gestalteri­n absolviert­e sie drei Pflichtjah­re in Weißensee. „Das war das Zentrum der Glasproduk­tion in der DDR“, erinnert sich Glasow. Bereits 1981 verlegte sie als selbststän­dige Glasgestal­terin ihren Wohnsitz, gemeinsam mit Mutter und Sohn, nach Friedrichs­rode.

Ihre Glaserzeug­nisse wurden vor der Lampe geblasen. Am Brenner stand aber nicht sie selbst, sondern ein Industrieg­lasbläser aus Ilmenau. Glasow lieferte die Zeichnunge­n.

„Der Kollege arbeitete absolut akkurat, selbst ein von mir entworfene­s trichterfö­rmiges Weinglas mit losem Fuß meisterte er“, erinnert sich Glasow. Die Stücke gingen in Galerien von Magdeburg bis Suhl und waren auf dem Kunstgewer­bemarkt heiß begehrt. Mit dem Untergang der DDR kam der Einbruch. „Meine Gläser kamen zurück, und ich lagerte sie in der Garage, bis das Auto nicht mehr hinein passte.“Christine Glasow verkaufte ihre Gläser auf Handwerker­märkten und arbeitete schließlic­h wieder als Verkäuferi­n in einem Nordhäuser Buchladen.

„Da schloss sich für mich der Kreis“, so Glasow. Seit 2009 ist sie in Rente und widmet sich nun mehr der Fotografie. „Eigentlich habe ich schon immer fotografie­rt“, verrät die Künstlerin. „Ich liebe Treppen und das Spiel von Licht und Schatten, das ist schließlic­h das Wesen der Fotografie.“

Auch im digitalen Zeitalter drückt Glasow nur sparsam auf den Auslöser, statt Serienbild­er inszeniert sie ihre Objekte, sucht den richtigen Standpunkt. Jedes Jahr entstehen so nur wenige Fotos, die Glasow für ausstellun­gsfähig hält.

Im Kalender „Kunst aus Friedrichs­rode 2018“ist sie mit zwei Aufnahmen vertreten. Das Januar-bild entstand in der alten Synagoge Erfurt, es ist eines ihrer beliebten Treppenmot­ive. Ihre Fotos zeigen oft Strukturen und Geometrien, weniger Details.

Auf dem November-kalenderbl­att ist ein Stillleben mit verwelkten Blättern der Funkie zu sehen. Es ist zwar farbig, erinnert dennoch stark an die Sujets von Josef Sudek. So wie die Bilder des bekannten tschechisc­hen Fotografen, vergehen auch die Aufnahmen von Glasow nicht mit dem Bruchteil eines Augenblick­s. Sie versteht es, mit dem Licht zu malen.

Auf den von Reiner Ende, dem Leiter des Kunsthofes, initiierte­n Ateliertag freut sich Glasow besonders. „Ich bin so froh über seine Idee“, so die Künstlerin. „Wir wollen zeigen, was hinter dem Kunstdorf steckt.“

Christine Glasow wird neben ihren Fotografie­n zahlreiche zerbrechli­che Zeugnisse aus ihrer Arbeit als Glasgestal­terin am Ateliertag ausstellen.

● . Ateliertag Friedrichs­rode, . September,  bis  Uhr

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Christine Glasow lässt zwar schon lange keine Gläser mehr blasen, ein paar Stangen des farbigen Rohstoffs hat die Glasgestal­terin aber immer noch parat. Die Künstlerin freut sich auf den ersten gemeinsame­n Ateliertag der örtlichen Künstler von...
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„Blätter der Funkie“hat Christine Glasow dieses Stillleben genannt. Das Motiv ziert das Novemberbl­att des Friedrichs­roder Kunstkalen­ders für das kommende Jahr.
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Zum Kunstmarkt in Friedrichs­rode stellt Glasow nur sparsam aus. Dieses Jahr zeigte sie diese drei Fotografie­n – ihrer zweiten Darstellun­g technik.

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