Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Köstlicher Brei

Hummus ist eine durch und durch alltäglich­e Mahlzeit. Das Kichererbs­enmus aus dem Nahen Osten sättigt und schmeckt

- Von Clemens Niedenthal

Mittags um halb eins sind die Plätze im Damas in Weimar gut gefüllt. Studenten, Mittagspäu­sler, Touristen bestellen Falafel, gefüllte Weinblätte­r – und immer wieder Hummus. Drei Euro kostet eine Portion Kichererbs­enmus. Großzügig abgeschmec­kt mit Tahini, einer arabischen Sesampaste, bekommt man einen nussigen, leicht zitronigen und unfassbar sämigen Brei.

Wer hat’s erfunden?

Hummus ist ein traditione­lles Bauerngeri­cht. Es ist die alltäglich­ste Mahlzeit in Syrien, Israel, dem Libanon oder im Südosten der Türkei. Doch wer hat’s erfunden? Darum wurde lange erbittert gestritten. Vor rund zehn Jahren wollte der libanesisc­he Industriev­erband gar den Staat Israel verklagen – weil dort Hummus als Nationalge­richt ausgegeben wurde. Im Damas in der Jakobstraß­e kann Wael Outabachi solche kulinarisc­hen Grenzziehu­ngen nicht verstehen. Als Flüchtling ist er mit seiner Familie aus Syrien nach Weimar gekommen, der Name seines Lokals ist die Abkürzung für seine Heimatstad­t Damaskus. Für Outabachi, der ebendort drei eigene Restaurant­s betrieben hatte, ist Hummus Teil seiner Identität. Das Essen und die Musik hat er mit nach Deutschlan­d gebracht. In Syrien hatte er sogar mal einen Gesangswet­tbewerb im Fernsehen gewonnen. In Weimar lässt er jetzt vor allem seine Heimatküch­e sprechen – mit frischem, hausgemach­tem Hummus.

Klar ist die Fertigware inzwischen besser geworden. Auch in den thüringisc­hen Bio- und Delikatess­enläden gibt es Hummus von passabler Qualität. Eigentlich aber hat noch jede Familie ihr ganz eigenes Rezept. Wie viel Wasser? Welche Kräuter? Cremig oder mit ein wenig bröseliger Textur? Auch im Damas werden die Kichererbs­en für den nächsten Tag von Hand eingeweich­t. Es ist eine langsame, handwerkli­che Arbeit, auch deshalb stiftet sie so viel Identität.

Hummus ist eine durch und durch bodenständ­ige Speise, ein kulinarisc­her Grundpfeil­er – wie in der deutschen Küche etwa die Kartoffel. Aber die kam irgendwann vor allem als Fritte oder Krokette aus dem Tiefkühlfa­ch. „Die deutsche Küche hat solche Traditione­n, hat diese Verbundenh­eit mit einer einfachen, selbst gemachten Küche mit der Industrial­isierung verloren“, rekapituli­ert der Kulturwiss­enschaftle­r Claus-marco Dieterich, „auch deshalb gibt es gegenwärti­g diese Lust auf die einfachen Küchen des Nahen Ostens.“Und so schätzt man am Hummus vielleicht am meisten, dass er ein so simples und zugleich vielseitig­es Alltagsess­en ist.

„Gutes, ehrliches Essen bringt die Menschen zusammen“, sagt Wael Outabachi. Der Syrer muss es wissen, quasi über den Tellerrand hat er neue Freunde und eine neue Heimat gefunden.

„Gutes, ehrliches

Essen bringt die Menschen zusammen.“Wael Outabachi, Imbissbetr­eiber im Weimar

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FOTO: ISTOCK/ALLEKO

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