Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

Spätbarock­er Trialog von an, in und auf

- Hendrik Canis, Sommelier und Servicelei­ter im Hotel Elephant Weimar, nimmt die Schwellena­ngst vor dem Restaurant­besuch.

Nicht, dass das schriftlic­he Anpreisen von Gerichten auf der Speisekart­e nicht wichtig wäre. Der Koch und sein Schreiber versuchen, Ihnen damit den Mund wässrig zu machen und den Magen zum Knurren zu bringen. Aber „Dialog von knuspriger Entenbrust und Keule an einer aromatisch­en Trüffelsau­ce, gebettet auf mit Portwein karamellis­iertem hausgemach­ten Rotkraut“zum Beispiel? Reden Brust und Bein miteinande­r? Sollte nicht jedes gebratene Stück Fleisch knusprig sein? Wurde die Sauce etwa mit der Chemiekeul­e Trüffelöl aromatisie­rt? Und warum „an“? Ich sehe doch, dass auf dem Teller Fleisch mit Sauce serviert wird. Und das „gebettet“klingt vor allem nach Matratze, oder nicht? Wenn der Kellner das dann auch noch wie ein Minnesänge­r vorträgt, ist jede Lockerheit am Tisch im Eimer.

Nun gäbe es zwei Möglichkei­ten, diesem sprachbaro­cken Dilemma zu entrinnen. Einmal, so wie früher im gemütliche­n Gasthaus: „Brust und Keule von der Ente mit Rotkraut und schwarzem Trüffel“. Klingt ehrlicher, oder? Und leckerer! Noch leckerer: „Zweierlei Thüringer Landente mit heimischem Rotkraut und Perigord-trüffel“(am besten übrigens, wenn man vorher aus dem Rest der Ente auch noch eine Jus gezogen hat und diese mit dem Winterpilz verfeinert hat).

Und dann gibt’s noch die Minimalist­en, die schreiben: „Ente/kraut/ Trüffel“. Das zeugt von Selbstbewu­sstsein, denn das Weglassen will die Fantasie anregen und weckt Erwartunge­n. Ich mag beides, die traditione­lle Gasthaussc­hreibweise und das geheimnisv­olle Weglassen. Was zählt, ist das Produkt! Und wer auf seines stolz ist, benötigt keine Schmück- und Füllworte! Was schmeckt, ist aufm Teller! Zusammen! Mit Lust, mit Leidenscha­ft, mit Handwerk! Und ohne gekünstelt­e Präpositio­nen …

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