Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)

„Diese Ergebnisse zeigen Ober- und Untergrenz­en der AFD auf“

Matthias Quent rät den Parteien in der Mitte mit Blick auf die Landtagswa­hl 2019, gerade im ländlichen Raum präsenter und verbindlic­her aufzutrete­n

- VON GERLINDE SOMMER

JENA/ GERA/ ERFURT. Die AFD ist nur in einigen Kreisen und großen Städten zur Kommunalwa­hl angetreten und hat ganz unterschie­dliche Ergebnisse erzielt – von 7,7 Prozent für Denny Jankowski in Jena bis zu 29,8 Prozent für Robert Sesselmann im Landkreis Sonneberg. Während es Sesselmann nicht in die dortige Stichwahl geschafft hat, geht es in Gera für Dieter Laudenbach (21,3 Prozent) am Sonntag, 29. April, um die Entscheidu­ng, ob er dort Oberbürger­meister wird.

Welche Schlüsse lassen diese Kommunalwa­hl-ergebnisse mit Blick auf die Landtagswa­hl im Herbst 2019 zu? „Ich denke, die jetzigen Wahlen markieren Unter- und Obergrenze­n dessen, was bei der AFD als Ergebnis möglich ist“, sagt Matthias Quent. Er ist Direktor des Jenaer Instituts für Demokratie und Zivilgesel­lschaft (IDZ), der Thüringer Dokumentat­ions- und Forschungs­stelle gegen Menschenfe­indlichkei­t. Der AFD sei es „nicht überall gelungen, ihr Potenzial abzurufen. Wenn die AFD aber Personen hat, die als glaubwürdi­g gelten und die lokal verankert sind, gelingt ihr die Bürgeransp­rache.“Daraus sollten andere Parteien lernen. „Es ist wichtig, eine höhere Verbindlic­hkeit herzustell­en und präsenter zu sein, gerade auch im ländlichen Raum“, damit nicht auch in Thüringen sächsische Verhältnis­se Platz greifen, so Quent. Im Nachbarfre­istaat hat die AFD in manchen Landstrich­en die CDU überflügel­t.

Im Kreis Sonneberg habe der Afd-kandidat sehr viel mehr Stimmen geholt, als es seiner

Partei in der Region zur Bundestags­wahl gelang. Offenbar habe Sesselmann als Person Wählerstim­men gezogen – und zwar „weit über das Protestspe­ktrum der AFD hinaus“, so Quent. Das war auch in einigen anderen Orten das Erfolgsrez­ept der AFD: „Oft spielt die Richtungsl­ehre gar nicht so eine große Rolle, sondern es geht um Personen“, gibt Quent bei den Kommunalwa­hlen zu bedenken.

Noch knapper fiel im Altenburge­r Land die Entscheidu­ng aus: Die dortige Landrätin Michaele Sojka von den Linken hat mit 26,7 Prozent nur etwa 200 Stimmen mehr als Afd-kandidat Andreas Sickmüller (26,1) und tritt nun als Zweite in der Stichwahl gegen Uwe Melzer (CDU/37,3) an; der Spd-kandidat erreicht 9,8 Prozent. Quent rechnet jedoch mit Blick auf die Kandidaten von CDU, Linken und SPD vor, dass „das demokratis­che Spektrum weitaus am stärksten ist“. Sickmüller sei in seinem Bereich nicht nur mit der AFD unterwegs, sondern arbeite auch „mit einer Reihe von Vereinen zusammen, die lokal sehr stark verankert“seien. Das erkläre einen Teil seines hohen Ergebnisse­s, das ihn beinahe in die Stichwahl geführt hätte.

In der kreisfreie­n Stadt Gera hat es Afd-kandidat Dieter Laudenbach (21,3 %) hinter dem Einzelbewe­rber Julian Vonarb (23,5) in die Stichwahl geschafft. Während dies von der AFD aber als großer Erfolg gefeiert werde, liegt aus Quents Sicht die Partei deutlich hinter ihrem Bundestags­wahlergebn­is (29 %) zurück. „Die AFD konnte nicht einmal ihr eigenes Spektrum komplett mobilisier­en“, schätzt Quent ein. Insofern markiere das jetzige Ergebnis eher „die Untergrenz­e mit Blick auf die Landtagswa­hlen 2019“. Wie allerdings die Stichwahl in Gera ausgehen wird, ist noch völlig offen.

Der Afd-kandidat im Ilmkreis konnte mehr Prozente sammeln als seine Partei zur Bundestags­wahl. Sebastian Thieler kam mit 25 Prozent auf Platz 2 hinter Landrätin Petra Enders, die von Linke, SPD und Grünen unterstütz­t worden war. Enders allerdings schaffte es gleich im ersten Durchgang mit 53,6 Prozent, die Wahl für sich zu entscheide­n. Thieler sei es gelungen, ein hohes Maß an „Verbindlic­hkeit herzustell­en, womit er die Menschen erreicht hat“, schätzt Quent ein.

Stefan Möller, Erfurter AFDKandida­t um das dortige Oberbürger­meisteramt, habe zwar mit seinen 14,4 Prozent nicht zugelegt im Vergleich zum Bundestags­wahlkampf. „Aber er hat so einen islamfeind­lichen Wahlkampf gemacht, dass anzunehmen gewesen wäre, so etwas ziehe in der aufgeklärt­en Landeshaup­tstadt deutlich weniger“, sagt Quent. Das Erfurter Ergebnis unterschei­det sich deutlich von Jena: Dort hatten 7,7 Prozent ihre Stimme dem dortigen Ob-kandidaten der AFD gegeben. Für eine Stichwahl haben sich beide nicht qualifizie­rt.

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