Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Bundespolizei hebt illegale Bordelle aus
Durchsuchungen und Festnahmen in Gotha und Nordhausen
GOTHA/NORDHAUSEN. Eine Razzia in 62 Bordellen markiert den vorläufigen Höhepunkt monatelanger Ermittlungen gegen bundesweit agierende Menschenhändler. Zu den Objekten im Visier der Behörden gehören auch Häuser in Thüringen.
In Gotha und in Nordhausen sind am frühen Mittwochmorgen Beamte der Bundespolizei vorgefahren, um illegale Bordelle zu durchsuchen. Die Aufklärer haben in Thüringen ganze Arbeit geleistet. Sowohl in Gotha als auch in Nordhausen trafen die Beamten auf die vermuteten Personen.
In dem Gothaer Objekt stellten sie drei Frauen und einen Mann fest; alle vier halten sich illegal in Deutschland auf. In Nordhausen trifft das für die beide dort angetroffenen Frauen zu. Alle wurden durch die Beamten vorläufig festgenommen. Fünf Personen konnten keine Dokumente vorweisen, die belegen, dass sie jemals berechtigt gewesen wären, sich in der Bundesrepublik aufzuhalten. Bei der sechsten Person wurde ein Reisepass mit einem abgelaufenen Visum gefunden.
Die Razzia der Bundespolizei gilt als die größte Exekutivmaßnahme, die seit dem Bestehen der Bundespolizei durchgeführt wurde. „1500 Beamte waren im gesamten Bundesgebiet beteiligt“, sagte Michael Oettel dieser Zeitung. Er ist Sprecher für die Bundespolizeiinspektion in Erfurt, deren Beamte an beiden Razzien in Thüringen beteiligt gewesen sind.
200 000 Euro Umsatz allein in Thüringen
Die Maßnahmen zogen sich in Gotha über Stunden hin, denn zunächst konnten die Identitäten der angetroffenen Personen nicht ermittelt werden. Wie Ermittler berichteten, behaupteten die Personen zunächst, keine Ausweisdokumente zu besitzen. Das stellte sich dahingehend als korrekt heraus, dass niemand ein gültiges Papier vorweisen konnte, das zum Aufenthalt berechtigen würde. Bei der intensiven Absuche des Objektes, das unmittelbar an der Bundesstraße 247 liegt, tauchten dann aber Ausweisdokumente auf. Diese identifizierten die drei Frauen und einen Mann als thailändische Staatsbürger. Ähnlich war die Lage in Nordhausen. Für die Ausländerbehörde, die die Fälle weiterführend bearbeiten muss, ist das hilfreich.
Zunächst wurden die vorläufig Festgenommenen aber an den Flughafen Erfurt-weimar gebracht und dort verhört sowie erkennungsdienstlich behandelt – es wurden also unter anderem Fotos gemacht und Fingerabdrücke genommen. Ihnen droht die Abschiebung.
Der Schleuser-ring agiert nach bisherigen Erkenntnissen meist einheitlich. Thailändische Frauen und Transexuelle werden gegen Zahlung von 16 000 bis 36 000 Euro nach Deutschland gebracht und müssen diese Beträge dann bei den Köpfen der Bande abarbeiten. Zu diesem Zweck mussten sie, das legen die Ermittlungsergebnisse nahe, nahezu 100 Prozent ihres Arbeitslohnes abgeben, den sie durch Prostitution verdienten. Allein mit den sechs vorläufig in Thüringen Festgenommenen ergibt sich so ein Ertrag von mehr als 200 000 Euro.
17 Personen sollen zum engen Kern der Menschenhändlergruppe gehören. Diese wird der organisierten Kriminalität zugerechnet. Sieben Haftbefehle, keiner in Thüringen, wurden durch die Polizei vollstreckt. Die insgesamt 56 Beschuldigten, davon 41 Frauen, werden verdächtigt, sich des gewerbs- und bandenmäßigen Einschleusens von Ausländern, der gewerbs- und bandenmäßigen Zwangsprostitution, der Zuhälterei, des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt sowie der Steuerhinterziehung schuldig gemacht zu haben.