Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Eisenach wird zur Opel-nagelprobe
Heute Betriebsversammlungen an allen deutschen Standorten. Gewerkschaft kündigt Widerstand gegen Abbaupläne an
EISENACH/RÜSSELSHEIM. Beim kriselnden Autobauer Opel spitzt sich der Konflikt zwischen der Geschäftsleitung und den Mitarbeitern zu. Es geht dabei zunächst exemplarisch um die Zukunft des Werkes in Eisenach. Nun mobilisiert der Betriebsrat die Mitarbeiter des kriselnden Autobauers.
An allen drei deutschen Standorten des Rüsselsheimer Konzerns haben die Arbeitnehmervertreter heute zu Betriebsversammlungen eingeladen. Dabei soll über die aktuellen Ereignisse informiert und das weitere Vorgehen diskutiert werden. Vor dem Zusammentreffen werde man sich nicht zu aktuellen Spekulationen äußern, lehnte der Eisenacher Betriebsrat gestern Stellungnahmen zu Berichten über anstehende Personalkürzungen im Werk ab.
Investitionspläne zunächst gestoppt
Nachrichten von Opel und seinen Standorten gab es in letzter Zeit häufig – und meist waren es keine guten. So hatte die Konzernführung am Montag in Paris eigentlich beschließen wollen, in den Standort Eisenach zu investieren, um dort einen neuen Geländewagen produzieren zu können. Doch nun liegen die Pläne erst einmal auf Eis.
Investiert werde nur, wenn Standorte wettbewerbsfähig seien, heißt es aus Paris. Jüngst hatte sich Opel-chef Michael Lohscheller in einem Interview ähnlich geäußert. Um die Situation von Opel zu verbessern, müsse der Konzern seine „Arbeitskosten, die globale Effizienz und die Leistung verbessern“.
Die Chefs von Opel und deren Konzernmutter PSA fordern also einen Lohnverzicht als Gegenleistung für Investitionen in die bestehenden Standorte. Die IG Metall und die Betriebsräte dagegen lehnen Lohneinschnitte bei Opel-beschäftigten in Deutschland nach wie vor vehement ab. Wiederholt hat die Gewerkschaft das Opel-management und die Chefs von PSA vor dem Bruch von Tarifverträgen gewarnt.
Bereits zu Beginn des Monats hatte die Konzernführung in Frankreich den Druck auf die deutschen Opelaner spürbar erhöht: Sie hat zwar eine Investitionsoffensive für die Opel-werke gestartet – allerdings stehen die so begünstigten Werke allesamt im Ausland.
So sollen ab dem kommenden Jahr bei der Opel-schwestermarke Vauxhall leichte Nutzfahrzeuge auf einer Psa-plattform vom Band rollen. Zuvor hatten sich die Angestellten im Vauxhall-werk in Luton allerdings mit der Konzernleitung auf einen Plan für mehr Wettbewerbsfähigkeit geeinigt.
Auch in Spanien, Österreich, Polen und Ungarn gibt es bereits Vereinbarungen über Lohnkürzungen und andere Einschnitte. Zuckerbrot und Peitsche lautet offenbar das Prinzip – zumindest aus Sicht der Arbeitnehmervertreter.
Die Situation bei Opel allerdings sieht in der Tat alles andere als rosig aus: In der zweiten Jahreshälfte hat das Unternehmen einen Verlust von fast 200 Millionen Euro produziert – und auch in den vergangenen 20 Jahren hat Opel keine schwarzen Zahlen mehr geschrieben. Im März sind die Neuzulassungen der Marke im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 23 Prozent eingebrochen – während andere Hersteller von einem Verkaufsrekord zum nächsten eilen.
Aus Sicht der Gewerkschaft allerdings ist der Kampf um Eisenach wichtig – er gilt als eine Art Nagelprobe auch für andere Werke in Deutschland, beispielsweise das Werk in Kaiserslautern in Rheinland-pfalz.
Mit nur einem Modell wäre das Werk in Eisenach mit 1800 Beschäftigten nicht ausgelastet, daher ein Stellenabbau auf 1000 Mitarbeiter die Folge – hieß es gestern in Berichten.
„Sollten sich diese Pläne bestätigen, wäre das ein eklatanter Bruch aller Absprachen und Verträge“, kritisierte Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Dies werde auf massiven Widerstand der Beschäftigten, der Gewerkschaften und des Landes treffen.
„Für das Werk erwarten wir eine Investitionsentscheidung, die die aktuelle Auslastung erhält und über 2020 hinaus sichert. Das bedeutet die Produktion von mindestens zwei Fahrzeugen am Standort, weil sonst massiver Personalabbau drohen würde“, sagte Tiefensee. Wenn PSA an einer positiven Entwicklung der Tochter Opel gelegen sei, dann müsse das Unternehmen sehr schnell wieder Vertrauen schaffen und klare Perspektiven aufzeigen. „Das wäre der beste Weg, um den immer neuen Spekulationen einen Riegel vorzuschieben und die anhaltende Verunsicherung der Beschäftigten zu beenden“, sagte Tiefensee.