Thüringische Landeszeitung (Unstrut-Hainich-Kreis)
Nächster Akt im Trauerspiel
Der erste Akt des Trauerspiels liegt einige Wochen zurück. Als
Christian Carius in der Septembersitzung seinen Rücktritt als Landtagspräsident ankündigt, schockt er Freund und Feind. Der 42-Jährige ist frustriert und zermürbt von (innerparteilichen) Querelen, Intrigen und Gerüchten, die bis ins Private gehen. Der Rückzug eines vergleichsweise jungen, aber ebenso erfahrenen Politikers macht endgültig den Weg frei für Mike
Mohring. Der Partei- und Fraktionschef ist inzwischen offiziell Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2019.
Aber Mohring muss noch ein kniffliges Personalproblem lösen: Wer soll Carius nachfolgen?
Die CDU hat als stärkste Kraft das Vorschlagsrecht, allerdings keine Mehrheit im Landtag. Weil die Afd-stimmen nicht reichen, ist sie auf Rotrot-grün angewiesen.
Und die Koalitionäre machen Mohring klar, dass es Kandidaten gibt, die sie nicht wählen werden. Dazu zählt Michael
Heym. Der Petitionsausschusschef und Fraktionsvize hat aus Sicht von Linken, SPD und Grünen zu oft die rechte Auslage bedient und die Regierungsfraktionen verunglimpft.
Doch ausgerechnet den zum Feindbild stilisierten Südthüringer schickt Mohring ins Rennen. Dass diese Wahl am gestrigen Freitag scheitern musste, war selbst Heym klar.
Aber warum fragte Mohring zuvor keinen anderen Cdu-abgeordneten? Die Fraktion zählt mit ihm 34 Volksvertreter. Unter 33 verbliebenen dürfte sich doch jemand finden.
Sagen wir so, zunächst hat Mohring kein Glück und dann kommt auch noch Pech hinzu. Aber vielleicht ist es auch schlicht Sturheit. Sicher ist: Sein erster Plan geht nicht auf.
Zunächst besteht die Hoffnung, dass Andreas Bühl zum Bürgermeister Ilmenaus gewählt wird, aus dem Parlament ausscheidet und Platz für Birgit
Diezel als Nachrückerin macht. Die Ex-finanzministerin war vor Carius Landtagspräsidentin und hätte das Amt bis zum Ende der Legislatur im Herbst nächsten Jahres erneut übernehmen können. Und besonders wichtig: R2G hätte sie gewählt.
Nachdem Bühl scheitert, setzt Mohring darauf, dass Carius sein Mandat vorzeitig abgibt, um den Weg für Diezel frei zu machen. Doch der denkt nicht daran. Das mag man wenig verantwortungsvoll finden. Immerhin hat Carius seine Partei in eine schwierige Lage gebracht. Gleichwohl ist die Freiheit des Mandats ein hohes Gut.
Von daher beschleicht einen ein ungutes Gefühl, wenn man hört: Nicht nur der Cdu-ehrenvorsitzende und Altministerpräsident Bernhard Vogel versuchte, Carius zu überzeugen, den Landtag zu verlassen. Sogar die SPD spricht sich schließlich für Diezel aus. Was nichts anderes als eine Rücktrittsaufforderung an die Adresse von Carius ist. Die Sozialdemokraten machen Mohrings Job. Oder wollen sie Carius nur eins auswischen?
Beim Wähler, sollte er sich überhaupt für spitzfindige Landtagskabale interessieren, bleibt der Eindruck eines unschönen Postengeschachers, dessen letzter Akt noch nicht einmal begonnen hat. Es ist ein Drama um mangelnden gegenseitigen Respekt und verletzte Eitelkeiten.
Niemand soll sich am Ende beschweren, dass die Politikverdrossenheit zunimmt.
Tlz-landeskorrespondent Elmar Otto erreichen Sie unter (0361) 555 05 38 oder per E-mail unter e.otto@tlz.de