Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Mini-Holzhütte in Gelmeroda und Sozialkaufhaus in der Kirche
Die Region Weimar/Apolda erlebt in diesem Jahr einige interessante Projekte unter dem Dach der IBA Thüringen
Unter dem Projektnamen „Timber Prototype“soll noch in diesem Jahr in Gelmeroda ein ungewöhnliches Musterhaus entstehen: ein Wohnkubus in hochdämmender Holz-Massivbauweise mit den Abmessungen drei mal drei mal neun Meter. Dabei handelt es sich um eines von 19 Modellprojekten, die aktuell auf der Liste der Internationalen Bauausstellung (IBA) Thüringen stehen. Diese stellte gestern in ihrer Weimarer Geschäftsstelle im Rahmen einer Pressekonferenz ihre Pläne für das laufende Jahr vor.
Die Idee zum „Timber Prototype“reichten das Institut für Computerbasiertes Entwerfen der Universität Stuttgart sowie die Jade-Fachhochschule Oldenburg gemeinsam bei der IBA Thüringen GmbH ein. Sie wollen an diesem Beispiel das Wohnen auf kleinstem Raum anschaulich machen.Die IBA vermittelte zur praktischen Umsetzung den Kontakt zur Landesforstanstalt Thüringenforst, welche das benötigte Holz beisteuern wird. Den Bau übernimmt die Thüringer Fachfirma Rettenmeier in ihrem Werk in Ullersreuth bei Hirschberg an der Saale. Als Standort ist das Gelände der Neufert-Stiftung in Gelmeroda vorgesehen. Die beiden Hochschulen veranstalten dort gemeinsam mit der IBA im August und September eine Summer School – in dieser Zeit sollen Anlieferung und Montage des Prototypen erfolgen. Auch in drei evangelischen Kirchengebäuden der Region wird unter Regie der IBA in diesem Jahr etwas passieren: St. Severi in Blankenhain, die Dorfkirche in Obergrunstedt und die Martinskirche in Apolda sind Teil eines Projekts mit dem Namen „Stadtland: Kirche. Querdenker für Thüringen 2017“. Das hat die IBA zusammen mit der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland angestoßen: „Es gibt fast 2000 evangelische Kirchen in Thüringen“, so IBA-Geschäftsführerin Dr. Marta DoehlerBehzadi. „Viele sind schwer sanierungsbedürftig und stehen in kleinsten Gemeinden, die sich das nicht leisten können. Und fast alle sind denkmalgeschützt.“Ansatz sei deshalb gewesen, Ideen zu sammeln, was man mit nicht oder nur wenig genutzten Kirchengebäuden anfangen könnte. Ein entsprechender Aufruf 2016 brachte 500 Ideen zusammen, die von Mitte Mai bis Mitte November in einer Ausstellung in der Erfurter Kaufmannskirche zu sehen sind.
Zehn Kirchen wählte ein Kuratoren-Gremium für fünf öffentliche Besichtigungstouren aus, die monatlich von Juni bis Oktober von Erfurt aus starten. Gleich die erste dieser Sternfahrten macht am 13. Juni Station an der Apoldaer Martinskirche. Für sie gibt es die Idee, im Langschiff, das schon seit Jahrzehnten nicht mehr für Gottesdienste genutzt wird, ein Sozialkaufhaus unterzubringen. In der vorletzten Tour am 3. September sind die SeveriKirche Blankenhain sowie das Gotteshaus in Obergrunstedt an der Reihe. Für Blankenhain brachte der Weimarer Architekt und Künstler Mathias Buss gemeinsam mit einem befreundeten Projektentwickler die Idee einer „Gesundheitskirche“ins Spiel: einen Ort, an dem klassische Mediziner wie auch Anbieter alternativer Heilmethoden vertreten sind. Die Obergrunstedter Kirche soll zum Ort einer Kunstinstallation aus Klangund Lichteffekten werden, nach einer Idee von Leipziger Künstlern. Die suchten zwar eine Kirche, die „24 Stunden 7 Tage“geöffnet sein sollte – das können der zuständige Pfarrer Joachim Neubert und seine Mitstreiter zwar nicht gewährleisten. Aber prinzipiell stehen sie der Sache nach Auskunft der bei der IBA zuständigen Projektleiterin Ulrike Rothe aufgeschlossen gegenüber. „Bis zu den Touren soll es in allen drei Kirchen so weit vorangegangen sein, dass es schon etwas zu sehen und zu erleben gibt“, kündigte Rothe an.
Eines der wichtigsten Betätigungsfelder der IBA bleibt auch in diesem Jahr Apolda: Von Anfang Mai bis Ende September wird die IBA im Apoldaer Eiermannbau ihr Sommerquartier beziehen. Das heißt, einige der Arbeitsplätze der Geschäftsstelle werden von Weimar dorthin verlagert, ebenso wie alle Gremiensitzungen und Veranstaltungen in diesem Zeitraum. Perspektivisch strebt die IBA sogar den kompletten Umzug von der Weimarer Gutenbergstraße in den Eiermannbau an, den sie zu einer „Open Factory“entwickeln will.
Weiterhin stehen auf der IBAProjektliste für 2017 der Umbau des Apoldaer Bahnhofes, der unweit davon gelegenen ehemaligen Industriegelände Nori und RST, das studentische Wohnen am Horn in Weimar sowie ein Projekt in Rohrbach im Nordkreis namens „Regionale und regenerative Stoffstromkreisläufe durch Abwassernutzung“.
Endlich neue Nutzung für das Langschiff
Langfristig ist der Umzug nach Apolda angestrebt