Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Trübe Aussichten für die Fichte und Sorge um Eschenbestände
GrünflächenVerantwortliche der Stadt baten zum baumkundlichen Rundgang und hoffen auf festen Haushaltsposten
Der „Baum des Jahres“hat in Weimar keine besonders guten Karten: Die Gemeine Fichte kommt zum einen in der Kulturstadt nicht besonders häufig vor, zum anderen leidet sie unter der wahrscheinlichen künftigen Klima-Entwicklung. Der baumkundliche Stadtrundgang gestern Vormittag, der in Weimar zum Programm rund um den „Tag des Baumes“am morgigen 25. April gehört, führte somit nicht zufällig zunächst über den Historischen und dann über den Hauptfriedhof. Denn dort stehen die meisten Fichten im Stadtgebiet. Thomas Bleicher, der Leiter des Bau-, Grünflächenund Umweltamtes, und sein für die Baumbestände zuständiger Sachbearbeiter Eckart Göbel fungierten als sachkundige Tourleiter.
Die Fichte liebt es eher feucht und kühl, ist ein Baum für Mittelgebirge oder die Taiga. Weimar liegt im Regenschatten des Thüringer Waldes, ist deshalb relativ trocken – und die KlimaErwärmung kommt hinzu. Thomas Bleicher erläuterte allerdings auch ein Beispiel, das eine Gruppe Fichten verschwinden ließ: Die Stadt fällte sie nach und nach, da sie dem Gräberfeld mit Holzkreuzen aus dem 1. Weltkrieg auf dem Hauptfriedhof zu viel Licht und Luft nahmen, zudem wurden die Bäume in den 60er- und 70er-Jahren gepflanzt – die Fällung brachte somit den denkmalpflegerisch gewollten ursprünglichen Anblick zurück.
Für das laufende Jahr ist die Saison für das Fällen und Anpflanzen von Bäumen bereits beendet. Rund 60 Bäume ließ die Stadt in den vergangenen Monaten neu anpflanzen, darunter Linden, Rosskastanien, Rotdorn und mit einer Baum-Hasel in der Steubenstraße auch eine relativ seltene Art. Probleme gibt es zurzeit mit den Eschen: Das Eschentriebsterben, eine Pilzkrankheit, gefährdet diese früher als äußerst stabil und vital geltenden Bäume. „Pilzkrankheiten kann man nur mit Chemie bekämpfen, und das tun wir nicht“, so Bleicher. „Bei Schädlingen wie der Kastanien-Miniermotte regelt das meist die Natur, indem ein ,Gegenspieler‘ die Tiere angreift.“
Prinzipiell ziele die Stadt beim Thema Straßenbäume auf ein möglichst breites Artenspektrum, so Bleicher: „Je mehr Arten wir haben, desto stabiler ist das System und desto weniger anfällig sind wir, wenn mal eine Art ausfällt.“Deshalb verlasse man sich eben nicht nur auf die Linde, die mit praktisch allen Bedingungen klarkomme, oder andere „Klassiker“wie Götterbaum oder Platane. „Wichtig sind vor allem das Lichtraumprofil und die Platzverhältnisse, die eine Straße bietet“, erläuterte der Amtsleiter. Deshalb bekommt jede Straße die zu ihr passende Baumart. Geeigneten Ersatz für die Zierkirschen in der Prellerstraße, „die dort der falsche Baum am falschen Ort waren“, suche man allerdings noch.
Was sich die GrünflächenVerantwortlichen wünschen, wäre erstmals nach etlichen Jahren wieder ein fester, klar definierter Posten für Baumpflanzungen. „Der Stadtrat scheint bereit zu sein, für 2018 nicht mehr nur erhaltend, sondern wieder aufbauend tätig zu werden“, zeigte sich Bleicher zuversichtlich. „Straßen, in denen Bäume fehlen, haben wir nämlich genug.“