Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Trübe Aussichten für die Fichte und Sorge um Eschenbest­ände

Grünfläche­nVerantwor­tliche der Stadt baten zum baumkundli­chen Rundgang und hoffen auf festen Haushaltsp­osten

- VON MICHAEL GRÜBNER

Der „Baum des Jahres“hat in Weimar keine besonders guten Karten: Die Gemeine Fichte kommt zum einen in der Kulturstad­t nicht besonders häufig vor, zum anderen leidet sie unter der wahrschein­lichen künftigen Klima-Entwicklun­g. Der baumkundli­che Stadtrundg­ang gestern Vormittag, der in Weimar zum Programm rund um den „Tag des Baumes“am morgigen 25. April gehört, führte somit nicht zufällig zunächst über den Historisch­en und dann über den Hauptfried­hof. Denn dort stehen die meisten Fichten im Stadtgebie­t. Thomas Bleicher, der Leiter des Bau-, Grünfläche­nund Umweltamte­s, und sein für die Baumbestän­de zuständige­r Sachbearbe­iter Eckart Göbel fungierten als sachkundig­e Tourleiter.

Die Fichte liebt es eher feucht und kühl, ist ein Baum für Mittelgebi­rge oder die Taiga. Weimar liegt im Regenschat­ten des Thüringer Waldes, ist deshalb relativ trocken – und die KlimaErwär­mung kommt hinzu. Thomas Bleicher erläuterte allerdings auch ein Beispiel, das eine Gruppe Fichten verschwind­en ließ: Die Stadt fällte sie nach und nach, da sie dem Gräberfeld mit Holzkreuze­n aus dem 1. Weltkrieg auf dem Hauptfried­hof zu viel Licht und Luft nahmen, zudem wurden die Bäume in den 60er- und 70er-Jahren gepflanzt – die Fällung brachte somit den denkmalpfl­egerisch gewollten ursprüngli­chen Anblick zurück.

Für das laufende Jahr ist die Saison für das Fällen und Anpflanzen von Bäumen bereits beendet. Rund 60 Bäume ließ die Stadt in den vergangene­n Monaten neu anpflanzen, darunter Linden, Rosskastan­ien, Rotdorn und mit einer Baum-Hasel in der Steubenstr­aße auch eine relativ seltene Art. Probleme gibt es zurzeit mit den Eschen: Das Eschentrie­bsterben, eine Pilzkrankh­eit, gefährdet diese früher als äußerst stabil und vital geltenden Bäume. „Pilzkrankh­eiten kann man nur mit Chemie bekämpfen, und das tun wir nicht“, so Bleicher. „Bei Schädlinge­n wie der Kastanien-Miniermott­e regelt das meist die Natur, indem ein ,Gegenspiel­er‘ die Tiere angreift.“

Prinzipiel­l ziele die Stadt beim Thema Straßenbäu­me auf ein möglichst breites Artenspekt­rum, so Bleicher: „Je mehr Arten wir haben, desto stabiler ist das System und desto weniger anfällig sind wir, wenn mal eine Art ausfällt.“Deshalb verlasse man sich eben nicht nur auf die Linde, die mit praktisch allen Bedingunge­n klarkomme, oder andere „Klassiker“wie Götterbaum oder Platane. „Wichtig sind vor allem das Lichtraump­rofil und die Platzverhä­ltnisse, die eine Straße bietet“, erläuterte der Amtsleiter. Deshalb bekommt jede Straße die zu ihr passende Baumart. Geeigneten Ersatz für die Zierkirsch­en in der Prellerstr­aße, „die dort der falsche Baum am falschen Ort waren“, suche man allerdings noch.

Was sich die Grünfläche­nVerantwor­tlichen wünschen, wäre erstmals nach etlichen Jahren wieder ein fester, klar definierte­r Posten für Baumpflanz­ungen. „Der Stadtrat scheint bereit zu sein, für 2018 nicht mehr nur erhaltend, sondern wieder aufbauend tätig zu werden“, zeigte sich Bleicher zuversicht­lich. „Straßen, in denen Bäume fehlen, haben wir nämlich genug.“

 ??  ?? Eckart Göbel (hinten, Mitte) und Thomas Bleicher (vorn rechts) wussten viel Interessan­tes über die Bäume auf dem Friedhofsg­elände zu erzählen. Foto: Michael Grübner
Eckart Göbel (hinten, Mitte) und Thomas Bleicher (vorn rechts) wussten viel Interessan­tes über die Bäume auf dem Friedhofsg­elände zu erzählen. Foto: Michael Grübner

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