Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Entscheidu­ng zu Kreisstädt­en nicht endgültig

Koalitions­fraktionen bekennen sich gestern nochmals grundsätzl­ich zur Gebietsref­orm. Ärger in Nordhausen

- VON MARTIN DEBES

Als der Ministerpr­äsident gestern aus der Fraktionss­itzung seiner Linken im Landtag kam, wirkte er einigermaß­en erleichter­t. Die Debatte sei „kritisch und sachlich“gewesen, sagte Bodo Ramelow, doch im Grundsatz stelle niemand mehr die Gebietsref­orm in Frage.

Ein ähnliches Ergebnis vermeldete­n auch die Fraktionsc­hefs. Man habe „grünes Licht“gegeben, sagte Matthias Hey von der SPD. Der Verabschie­dung des Gesetzentw­urfs durch das Kabinett am 13. Juni stehe nichts mehr im Wege.

Basis der Einigung war eine zentrale Änderung der von Innenminis­ter Holger Poppenhäge­r (SPD) vorgelegte­n Kreiskarte. Der Südkreis aus Suhl, Sonneberg und Hildburgha­usen wird wieder um Schmalkald­enMeininge­n erweitert.

Ansonsten bleibt vorerst alles so, wie von Poppenhäge­r vorgeschla­gen, einschließ­lich der umstritten­en Entscheidu­ng, Gera und Weimar kreisfrei zu belassen – wobei es hier nach acht Jahren eine Überprüfun­g geben soll. Auch bei den Kreisstädt­en ändert sich bis auf die Entscheidu­ng für Meiningen im Südkreis vorerst nichts. Die Lösung, wie in Sachsen- und Sachsen-Anhalt die Verwaltung in die größten Orten der Region zu konzentrie­ren, war zwar vergangene Woche beraten, aber wieder verworfen worden.

Linke-Fraktionsc­hefin Susanne Hennig-Wellsow schloss gestern Eine der Umfragen, die vom Innenminis­terium bezahlt wurde, stammt vom Erfurter Institut Insa. Danach sind vor allem Frauen gegen die neuen Strukturen. aber nicht aus, dass sich bei den Kreisstädt­en noch einiges in der Landtagsbe­ratung ändern könnte. Die endgültige Entscheidu­ng falle erst im Herbst im Parlament, sagte sie.

Für manche Koalitionä­re beginnt nun eine schwere Zeit. Die SPD-Abgeordnet­e Dagmar Becker hatte frühzeitig angekündig­t, dass sie nur einer Reform zustimme, bei der Nordhausen Kreisstadt bleibe. Gestern äußerte sie sich vorsichtig. Die Begründung des Ministeriu­ms für den Kreissitz Sondershau­sen im Norden sei „nicht schlüssig“, sagte sie. Sie erwarte Erklärunge­n – und Nachbesser­ungen.

Der Nordhäuser Landrat Matthias Jendricke, auch SPD, wurde deutlicher. Der Vorschlag Poppenhäge­rs ergebe in der Region keinen Sinn, sagte er. Und er habe wohl auch – siehe Becker – keine Mehrheit im Landtag. Jendricke: „Wenn man nicht 100-prozentige Geschlosse­nheit hat, sollte man das Ganze lieber jetzt beerdigen.“

Der Innenminis­ter veröffentl­ichte übrigens ausgerechn­et gestern zwei von seinem Ressort bezahlte Umfragen, die er zuvor geheim gehalten hatte. Ergebnis: Fast zwei Drittel der Thüringer sind gegen die Reform.

Ramelow warb gestern für das wichtigste Vorhaben seiner Koalition. Überlegung­en über ein Moratorium brächten nichts. In den nächsten Jahren gingen 17 000 Bedienstet­e in Rente oder Pension. „Wir müssen jetzt die Verwaltung umbauen. Wir können nicht warten“, sagte er.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany