Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Kleine Kirchentage erinnern an eine Osttradition
Heute beginnen in Thüringen und SachsenAnhalt kleine „Kirchentage auf dem Weg“– als Kontrast zum Großereignis in Berlin
Gestern großer Eröffnungsgottesdienst in Berlin, heute Wittenberg und Magdeburg, morgen Halle und Magdeburg, am Wochenende Weimar, Erfurt und wieder Wittenberg. Wohl kaum jemand nimmt das Motto der „Kirchentage auf dem Weg“so wörtlich wie Ilse Junkermann.
Die Landesbischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) hält Gottesdienst und Bibelarbeiten, diskutiert auf Podien und besucht als Gast Veranstaltungen. Es sei diese Art der Begegnungen, auf die sie sich beim Evangelischen Kirchentag im Reformationsjahr besonders freut, sagt Junkermann.
Neben dem gewohnten Großereignis, diesmal in Berlin und Wittenberg nähmen sich die „Kirchentage auf dem Weg“, wie sie auch Erfurt, Weimar und Jena ab heute erleben werden, geradezu klein und intim aus.
„Wir denken da auch an die Menschen, die riesige Großveranstaltungen satt haben. Wir wollten gern in der Tradition der kleinen Kirchentage feiern, wie sie einst von den Gläubigen in der DDR begangen wurden. Das ist die Osttradition, die 1983 beim Lutherjubiläum den regionalen Geist der Kirchentage prägte“, so die Bischöfin.
Die „Kirchentage auf dem Weg“, die heute in sechs Städten im Bereich der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands starten – neben Erfurt, Jena und Weimar auch in Halle, Eisleben und Magdeburg – verstehen sich als geistige, kulturelle und touristische Stationen auf dem Weg zum großen Abschlussgottesdienst am 28. Mai 2017 in Wittenberg. „Alle Städte auf dem Weg sind Originalschauplätze der Reformation, das hat so nur Mitteldeutschland zu bieten“, sagt Stephan von Kolson, Sprecher des Trägervereins Reformationsjubiläum 2017. Angesprochen werden sollen davon nicht zuletzt Besucher aus den jeweiligen Regionen.
Auch Ilse Junkermann weiß um die Sinnfragen nach dem Wie und Warum, mit denen sich Kirchen angesichts sinkender Zahlen an Gläubigen und mancher Skandale konfrontiert sehen. Damit verbunden ist der Rechtfertigungsdruck für millionenschwere Events wie die Luther-Dekade oder den Kirchentag, die zu nicht unerheblichem Teil aus Steuermitteln finanziert werden.
Und auch in diesem Kirchentagsjahr weist der Terminkalender wieder viel Politik-Prominenz aus. Darunter sind einmal mehr auch Politiker wie die Theologin Katrin GöringEckardt (Grüne), Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) oder Mike Mohring (CDU). Dass Politiker Kirchentage als Bühne nutzen und das Gespräch suchen, findet Ilse Junkermann nicht verwerflich. Demokratie lebe davon, miteinander zu reden.