Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Sorge um unersetzli­che Gräber auf dem Historisch­en Friedhof

Verein Literaturl­andschafte­n richtet energische­n Appell an das Rathaus. Kunstgesel­lschaft erinnert an Theodor Hagen

- VON MICHAEL BAAR

Der bundesweit tätige Verein „Literaturl­andschafte­n“hat sich in einem dringenden Appell an Oberbürger­meister Stefan Wolf und den Stadtrat gewandt und auf den rapiden Verfall unersetzli­cher Gräber vor allem im Bereich der Ostmauer des Historisch­en Friedhofs hingewiese­n. Es gehe nicht an, dass ausgerechn­et zum 200-jährigen Jubiläum dieses in aller Welt geschätzte­n „kostbarste­n Fleckens Weimarer Erde“Gräber dem endgültige­n Verfall überlassen werden, so der Vereinsvor­sitzende Karl Koch.

Er vermutet, dass nach der Sanierung des Westmauerb­ereichs keine Mittel mehr für die Ostmauer zur Verfügung stehen. „Hier wird mit einer Epochenver­antwortung geschlampt, die auch bei allem Geldmangel nicht akzeptiert werden kann“, heißt es in einem Schreiben an die Redaktion. Nur ein erschrecke­ndes Beispiel aus dem „Verfallsen­semble“sei das Grab von Goethes Sekretär Riemer, zu dessen Notrettung sich die Goethegese­llschaft bereits per Spendenauf­ruf verpflicht­et sah. Andere dennoch unverzicht­bare Gräber genössen nicht diese Aufmerksam­keit, seien aber ebenso ein wesentlich­er Teil der einzigarti­gen historisch-kulturelle­n Seele der Stadt.

Er habe den Eindruck, dass Deutschlan­d die Verantwort­ung für diese Gräber nicht allein der Stadt Weimar überlassen kann. Deshalb habe der Verein den Appell in Kopie an das Kulturstaa­tsminister­ium in Berlin, an die Thüringer Staatskanz­lei als Denkmalsch­utzbehörde sowie an die Deutsche Stiftung Denkmalsch­utz und an die KlassikSti­ftung gerichtet.

Just gestern erinnerte der Weimarer Kunstverei­n auf diesem Friedhof daran, dass es auch in Weimar Menschen gibt, denen der Historisch­e Friedhof am Herzen liegt. Der Verein traf sich am Grab des Malers Theodor Hagen (1842-1919), dessen Geburtstag sich zum 175. Mal jährte. Hagen war langjährig­er Lehrer und Direktor der Kunstschul­e und wurde so zum Nestor der Weimarer Malerschul­e.

Die große Familiengr­abstätte Ridel-Hagen an der Westmauer wurde 2015 mit Mitteln des „Arbeitskre­ises Weimarer Friedhofsk­ultur“restaurier­t. Sowohl die Kunstgesel­lschaft als auch die Grünen Wahlverwan­dtschaften machten sich um die Restaurier­ung an der Westmauer verdient. Der Verinsvors­itzende Gregor Seiffert verschwieg aber auch nicht, dass am Nachbargra­b bereits eine Gedenkplat­te verlorenge­gangen ist. Vermutlich handle es sich um jene für Theodor Hagens erstgebore­nen Sohn.

Bis 2015 wurden nahezu zwei Millionen Euro in die Sanierung der Umfassungs­mauern und der Wege investiert. Vereine und Privatpers­onen machten sich um den Erhalt von Grabstätte­n verdient. Die Stadt richtete die Möglichkei­t von Grabpatens­chaften für die historisch­en Anlagen ein (diese Zeitung berichtete darüber).

Dennoch bleibt Sanierunga­ufwand in mindestens gleicher Höhe zu leisten. Die Stadtverwa­ltung sah sich gestern auf Anfrage nicht in der Lage, über den Sachstand Auskunft zu geben. Dabei wurden an der Ostmauer im März Bäume gefällt, die gegen Mauer und Grabstätte­n drückten. Derzeit sind in diesem Abschnitt Grabstätte­n beräumt und eine Baustelle eingericht­et, in deren Bereich auch das Riemer-Grab falen könnte.

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Die Kunstgesel­lschaft erinnerte Mittwoch an den . Geburtstag von Theodor Hagen. Seine Familiengr­abstätte ist auch mit Vereinshil­fe erneuert worden. Foto: Michael Baar
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Die Baustelle an der Ostmauer des Historisch­en Friedhofs Foto: Michael Baar
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Das Riemergrab an der Ostmauer vor zwei bis drei Jahren. Foto: privat

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