Thüringische Landeszeitung (Weimar)
„Es ist fantastisch, wie viele Menschen sich eingebracht haben“
Kirchentag auf dem Weg beendet – 22 100 Teilnehmer in Weimar und Jena sorgen für zufriedene Gesichter bei Veranstaltern
Zum Tanzen brachte der Kirchentag in Weimar am Samstagabend die vielen Zuhörer auf dem Marktplatz. Die sechs quirlig-humorvollen Sänger der Band Undivided aus Florida begeisterten mit ihrem Mix aus Pop, Gospel, Salsa und Samba. Mit ihrem Konzert und der elektroakustischen Installation „Geteilte Räume“der Weimarer Klangkünstler Paul Hauptmeier und Martin Recker auf dem Herderplatz endete in Weimar der „Kirchentag auf dem Weg“.
„Es war ein lebendiger Kirchentag mit einer guten Atmosphäre und ausgelassener Stimmung in beiden Städten,“sagt Rainer Weitzel, Organisationsleiter des Kirchentages auf dem Weg Jena/Weimar. „Allein zum Willkommensabend in Weimar kamen 5000 Menschen.“
Ebenso war der Kirchentag geprägt von hochkarätig besetzten Podien, spannenden Vorträgen und vielfältigen kleineren Veranstaltungsformaten. Die Teilnehmendenzählung in allen Einzelveranstaltungen in Weimar und Jena habe für Donnerstag 7100, für Freitag 8000 und für Samstag 7000 ergeben. Die Zahl der ausgegebenen Karten liegt in Jena und Weimar bei etwa 3800.
„Mit diesen Zahlen können wir zufrieden sein, auch wenn wir uns durchaus mehr erhofft haben,“meint Rainer Weitzel. Es zeigte sich, dass vor allem Gottesdienste und Open-AirVeranstaltungen, für die keine Tickets benötigt wurden, Besucher angezogen haben.
„Nun sag, wie hast Du’s mit der Religion?“, lautete die zentrale Frage des Kirchentags. Eine Frage, auf welche die Kirchentagsbesucher viele Antworten bekamen und die in einem von Ulrike Greim feinfühlig moderierten Podium mit dem Holocaust-Überlebenden Ivan Ivanji und Rikola-Gunnar Lüttgenau, stellvertretender Leiter der Gedenkstätte Buchenwald und Mittelbau-Dora, zugespitzt wurde. „Wo war Gott in Buchenwald“, fragte die gut besuchte Veranstaltung am Samstag in der Jakobskirche. Vorausgegangen war am Freitagabend ein intensiver musisch-poetischer Abend mit dem Zeitzeugen Ivan Ivanji und Feridun Zaimoglu in der Weimarhalle. Ivan Ivanji ergänzte die Frage um zwei Worte: „Für wen?“Christen, die nach Buchenwald kamen, wurden wegen ihres Glaubens verfolgt, die jüdischen Häftlinge aber wegen ihres Seins, präzisierte Ivanji. In diesem Zusammenhang erinnerte er auch an das Buch des Benediktinerpaters Sales Hess „Dachau – eine Welt ohne Gott“. Rikola-Gunnar Lüttgenau drehte die Frage um, so dass nicht von der Stadt auf den Berg, sondern vom Berg hinunter auf die Stadt geschaut wurde.
„Gott wird nicht mehr gefürchtet, sondern geliebt“, machte auch Dagmar Blaha, Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, bei einem nahezu zeitgleich auf dem Marktplatz stattfindenden Podium zum Denkraum-Projekt „Sag, wie hast Du’s mit der Religion?“deutlich. „Allein der Glaube beschert einen gnädigen Gott.“Worauf kann man heute vertrauen?, fragte Michael Haspel, der die nur dünn besuchte Veranstaltung moderierte.
„Ich vertraue auf Gott“, antwortete die Literaturwissenschaftlerin und Autorin Annette Seemann. Sie hofft, dass auch viele weitere den Mut finden, sich zu ihrem Glauben zu bekennen. DNT-Chefdramaturgin Beate Seidel beantwortete die Frage aus Sicht des Theaters, und der Politikwissenschaftler Andreas Braune ging auf das Prinzip der Trennung von Staat und Kirche ein. Wichtig sei für ihn, dass aus dem Sagen der Meinungen ein Dialog entsteht. Nicht bei Facebook oder anderen sozialen Medien, sondern im direkten Gespräch.
Ohne das Engagement von rund 150 Helferinnen und Helfern wäre der reibungslose Ablauf des Kirchentages nicht möglich gewesen. „Es ist fantastisch, wie viele Menschen sich in beiden Städten in den Kirchentag auf dem Weg eingebracht haben,“betont Rainer Weitzel.