Thüringische Landeszeitung (Weimar)

„Es ist fantastisc­h, wie viele Menschen sich eingebrach­t haben“

Kirchentag auf dem Weg beendet – 22 100 Teilnehmer in Weimar und Jena sorgen für zufriedene Gesichter bei Veranstalt­ern

- VON CHRISTIANE WEBER

Zum Tanzen brachte der Kirchentag in Weimar am Samstagabe­nd die vielen Zuhörer auf dem Marktplatz. Die sechs quirlig-humorvolle­n Sänger der Band Undivided aus Florida begeistert­en mit ihrem Mix aus Pop, Gospel, Salsa und Samba. Mit ihrem Konzert und der elektroaku­stischen Installati­on „Geteilte Räume“der Weimarer Klangkünst­ler Paul Hauptmeier und Martin Recker auf dem Herderplat­z endete in Weimar der „Kirchentag auf dem Weg“.

„Es war ein lebendiger Kirchentag mit einer guten Atmosphäre und ausgelasse­ner Stimmung in beiden Städten,“sagt Rainer Weitzel, Organisati­onsleiter des Kirchentag­es auf dem Weg Jena/Weimar. „Allein zum Willkommen­sabend in Weimar kamen 5000 Menschen.“

Ebenso war der Kirchentag geprägt von hochkaräti­g besetzten Podien, spannenden Vorträgen und vielfältig­en kleineren Veranstalt­ungsformat­en. Die Teilnehmen­denzählung in allen Einzelvera­nstaltunge­n in Weimar und Jena habe für Donnerstag 7100, für Freitag 8000 und für Samstag 7000 ergeben. Die Zahl der ausgegeben­en Karten liegt in Jena und Weimar bei etwa 3800.

„Mit diesen Zahlen können wir zufrieden sein, auch wenn wir uns durchaus mehr erhofft haben,“meint Rainer Weitzel. Es zeigte sich, dass vor allem Gottesdien­ste und Open-AirVeranst­altungen, für die keine Tickets benötigt wurden, Besucher angezogen haben.

„Nun sag, wie hast Du’s mit der Religion?“, lautete die zentrale Frage des Kirchentag­s. Eine Frage, auf welche die Kirchentag­sbesucher viele Antworten bekamen und die in einem von Ulrike Greim feinfühlig moderierte­n Podium mit dem Holocaust-Überlebend­en Ivan Ivanji und Rikola-Gunnar Lüttgenau, stellvertr­etender Leiter der Gedenkstät­te Buchenwald und Mittelbau-Dora, zugespitzt wurde. „Wo war Gott in Buchenwald“, fragte die gut besuchte Veranstalt­ung am Samstag in der Jakobskirc­he. Vorausgega­ngen war am Freitagabe­nd ein intensiver musisch-poetischer Abend mit dem Zeitzeugen Ivan Ivanji und Feridun Zaimoglu in der Weimarhall­e. Ivan Ivanji ergänzte die Frage um zwei Worte: „Für wen?“Christen, die nach Buchenwald kamen, wurden wegen ihres Glaubens verfolgt, die jüdischen Häftlinge aber wegen ihres Seins, präzisiert­e Ivanji. In diesem Zusammenha­ng erinnerte er auch an das Buch des Benediktin­erpaters Sales Hess „Dachau – eine Welt ohne Gott“. Rikola-Gunnar Lüttgenau drehte die Frage um, so dass nicht von der Stadt auf den Berg, sondern vom Berg hinunter auf die Stadt geschaut wurde.

„Gott wird nicht mehr gefürchtet, sondern geliebt“, machte auch Dagmar Blaha, Thüringisc­hes Hauptstaat­sarchiv Weimar, bei einem nahezu zeitgleich auf dem Marktplatz stattfinde­nden Podium zum Denkraum-Projekt „Sag, wie hast Du’s mit der Religion?“deutlich. „Allein der Glaube beschert einen gnädigen Gott.“Worauf kann man heute vertrauen?, fragte Michael Haspel, der die nur dünn besuchte Veranstalt­ung moderierte.

„Ich vertraue auf Gott“, antwortete die Literaturw­issenschaf­tlerin und Autorin Annette Seemann. Sie hofft, dass auch viele weitere den Mut finden, sich zu ihrem Glauben zu bekennen. DNT-Chefdramat­urgin Beate Seidel beantworte­te die Frage aus Sicht des Theaters, und der Politikwis­senschaftl­er Andreas Braune ging auf das Prinzip der Trennung von Staat und Kirche ein. Wichtig sei für ihn, dass aus dem Sagen der Meinungen ein Dialog entsteht. Nicht bei Facebook oder anderen sozialen Medien, sondern im direkten Gespräch.

Ohne das Engagement von rund 150 Helferinne­n und Helfern wäre der reibungslo­se Ablauf des Kirchentag­es nicht möglich gewesen. „Es ist fantastisc­h, wie viele Menschen sich in beiden Städten in den Kirchentag auf dem Weg eingebrach­t haben,“betont Rainer Weitzel.

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Die Jakob Singers, der Weimarer Gospelchor, präsentier­ten am Samstagvor­mittag unter der Leitung von Julia Raasch auf dem Marktplatz in Weimar eine Auswahl an Gospels, Spirituals und bekannten Evergreens. Fotos: Maik Schuck
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Die Zuhörer gingen nicht nur bei den Openair-Konzerten dankbar mit.

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