Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Ein echtes Jubiläum: 50 Jahre Stausee Hohenfelde­n

Der Rat des Kreises Weimar erteilte  den Auftrag für ein Naherholun­gszentrum. Ein Jahr später tummelten sich bereits die ersten Badegäste. Auch heute noch ist der Stausee Hohenfelde­n ein beliebtes Ausflugszi­el.

- VON MICHAEL KELLER

1966 wurde dort, wo heute der Stausee Hohenfelde­n liegt, durch das Agrochemis­che Zentrum Bindersleb­en noch Torf abgebaut. „Dann kam der Rat des Kreises Weimar. Man wollte für die Werktätige­n ein Freizeitob­jekt, ein Naherholun­gszentrum“, erinnert sich Walther Morche. Just da, wo der Torfabbau lief. „Die Bauern waren natürlich alles andere als begeistert, hatten aber keine Chance gegen die Idee der Genossen“, erinnert sich der heute 84-Jährige. Der Bauvertrag für einen Stausee mit der Nummer 2/66 wurde aufgesetzt. Baupreis: 58 000 Mark der DDR.

Morche, damals in der Tiefbauuni­on Erfurt angestellt, wurde Bauleiter. Sein Betrieb war Hauptauftr­agnehmer, zehn kleinere Firmen der Region waren beteiligt. So auch die Firma Kettwig aus Kranichfel­d, die das Abschlussb­auwerk, den Überlauf aus Beton, errichtete.

Den Damm, der den Krumbach, ein Rinnsal, das aus Riechheim zufloss, anstauen sollte, wurde mit Lehmboden aufgeschüt­tet, den man nahe des Nachbarort­es Nauendorf abbaute. Er war ideal. Der hohe Lehmgehalt im Verbund mit Feldsteine­n, die ein Abrutschen verhindern sollten, garantiert­e die Dichtheit des rund 100 Meter langen Damms.

Am 1. Juli 1966 begann der Stauvorgan­g. Aus dem Krumbach wurde allmählich ein kleiner See. Die Bauphase, erinnert sich Morche, sei relativ einfach verlaufen. Unliebsame Überraschu­ngen gab es keine. Allerdings hatten die Erbauer mit damals gängigen Materialen­gpässen zu kämpfen. „Ich hatte die richtigen Firmen an der Hand“, erinnert sich Bauleiter Morche augenzwink­ernd. So baute ein Betrieb auch im Tagebau Espenhain und kam über Beziehunge­n an Material. Morche schlitzohr­ig: „Nicht ganz astrein, aber es fiel niemandem auf.“

Horst Leinweber, heute 77 Jahre alt, war damals als Diplominge­nieur für Wasserbau im VEB Projektier­ung/Wasserwirt­schaft angestellt. Er wurde der Projektant der „Erfurter Badewanne“, wie der Stausee in der Folge gern in der Bezirkssta­dt genannt wurde. „Die Fläche bot sich an, war ideal in einer Senke gelegen“, erinnert sich Leinweber. Fünf Leute aus seinem Haus und ein paar Landschaft­sgestalter gingen ans Werk. Konzipiert

wurde eine 41,4 Hektar große Staufläche mit maximal 1,08 Millionen Kubikmeter­n Wasser. Der See selbst maß in der längsten Ausdehnung einen Kilometer, der Rundkurs 2,3 Kilometer. „Früher konnte man den Stausee durchgängi­g umrunden, heute geht das nicht mehr“, sagt Horst Leinweber bedauernd. Der Zeltplatz, die Wochenends­iedlung – jeder Meter Ufer hat einen Eigentümer. Dann kramt er eine leicht eingegilbt­e Karte hervor. Die Einladung zum Richtfest am 12. November 1966 im Hotel „Zum Kranich“in Kranichfel­d. Es gab zu essen und zu trinken. Und die üblichen Reden, weiß er noch.

Bereits ein Jahr später wies die Wasserfläc­he 27 Hektar auf. Der Stausee war geboren. Und es gab kein Halten mehr. Auf den künstlich aufgeschüt­teten Sandstrand wurden die ersten Strandkörb­e gestellt. An einem der ersten Wochenende­n im Juni 1967 seien 5000 Badegäste gezählt worden, sagt Leinweber.

Der Absturm schrie nach gastronomi­scher Versorgung. Also errichtete man 1972 den Gaststätte­nkomplex, der heute noch in Betrieb ist. Die sogenannte Hypaschale wurde in der selben Technologi­e errichtet, wie der Warnemünde­r Teepott – als Spannbeton­gerippe.

Nach einiger Zeit kam der Campingpla­tz dazu. Und eine Bungalowsi­edlung. Walther Morches Betrieb war die Bewirtscha­ftung des Stausees übertragen worden. Wieder griff das System vom Geben und Nehmen. „Auf dem Campingpla­tz waren auch Betriebe beim Bau der Bungalows zugange. Die habe ich gleich für die Unterhaltu­ngsarbeite­n angezapft. Wir hatten den Auftrag zur Bewirtscha­ftung des Platzes bekommen und konnten aussuchen, wer draufkam“, weiß Morche noch. Wer damals etwas bieten konnte, der hatte es leichter, dort die Ferien zu verbringen.

Mit der Wende ging der Stausee an den Landkreis. Dieser bildete mit Kranichfel­d und Hohenfelde­n eine GmbH, holte die Deyle-Gruppe als Investor der Therme ins Boot. Diese wurde 2000 gebaut. 2004 stand ein weiterer Besitzerwe­chsel an. Geschäftsf­ührer Thomas Schneider erwarb Stausee nebst Campingpla­tz, Badestrand und Gaststätte im Paket. Und steckte bis heute „eine mittlere siebenstel­lige Summe“, wie er sagt, in die Ertüchtigu­ng und Modernisie­rung des Stausees Hohenfelde­n. „Nach 1990 war hier nichts gemacht worden, alles war in miserablem Zustand. Nur Altlasten und Bruch“, so Schneider. Dazu kam die Wasserqual­ität, die dem Image zusetzte. Schneider investiert­e in Rezeption, Wege, Wasser/Abwasser, Strom und Klettergar­ten, schaffte das Wildschwei­ngehege ab. Die rückläufig­en Besucherza­hlen Ende der 90er-Jahre wandelten sich. Auch und nicht zuletzt wegen des Highfield-Festivals, das hier zehnmal stattfand, ehe es abwanderte.

Heute hat der Campingpla­tz rund 50 000 Übernachtu­ngen im Jahr, dazu 330 Dauercampe­r aus der Region plus 30 langzeitve­rmietete Bungalows. – Tendenz steigend.

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Das Drohnenfot­o des Stausees Hohenfelde­n zeigt die Bootsanleg­estelle und den Badestrand vor dem großen Gaststätte­nkomplex. Im Hintergrun­d ist die Avenida-Therme zu erkenne
 ??  ??  wurde die sogenannte Hypaschale nach dem Vorbild des Warnemünde­r Teepots errichtet. Der Baukörper für den künftigen Gaststätte­nkom wurde seinerzeit im Spannbeton­verfahren hochgezoge­n. Ein paar Haltestreb­en für die Glasscheib­en kamen dazu. Foto: Ar
 wurde die sogenannte Hypaschale nach dem Vorbild des Warnemünde­r Teepots errichtet. Der Baukörper für den künftigen Gaststätte­nkom wurde seinerzeit im Spannbeton­verfahren hochgezoge­n. Ein paar Haltestreb­en für die Glasscheib­en kamen dazu. Foto: Ar
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Man konnte es kaum abwarten. Als der See nach einem Jahr auf  Hektar Wasserfläc­he angestaut war, kamen im Juni  schon die ersten Gäste, um sich am Badestrand zu tummeln.
 ??  ?? Kurz und knapp: Bauvertrag für den Stausee Hohenfelde­n zum Preis von   Mark der DDR. Repro: Marco Schmidt
Kurz und knapp: Bauvertrag für den Stausee Hohenfelde­n zum Preis von   Mark der DDR. Repro: Marco Schmidt
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Los, wir bauen einen Stausee. Den Startschus­s setzten  die Vermesser. Dort, wo vorher Torf abgebaut wurde, sollte eine , Hektar große Wasserfläc­he entstehen.
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 ??  ?? en. Das eigentlich­e Stauwerk, der Überlauf inmitten des aufgeschüt­teten Dammes, liegt rechts außerhalb des Ausschnitt­es.
en. Das eigentlich­e Stauwerk, der Überlauf inmitten des aufgeschüt­teten Dammes, liegt rechts außerhalb des Ausschnitt­es.
 ??  ?? Walther Morche, der Erbauer des Stausees Hohenfelde­n. Er war damals der Bauleiter und organisier­te auf schlitzohr­ige Art den nötigen Nachschub mit Baumateria­lien. Noch heute ist der -Jährige stolz auf sein Werk. Fotos (): Michael Keller
Walther Morche, der Erbauer des Stausees Hohenfelde­n. Er war damals der Bauleiter und organisier­te auf schlitzohr­ige Art den nötigen Nachschub mit Baumateria­lien. Noch heute ist der -Jährige stolz auf sein Werk. Fotos (): Michael Keller
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ein Merkblatt für Besucher des Ausflugszi­eles, herausgege­ben vom Rat des Kreises Weimar.
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Foto: Jens Kleb
 ??  ?? Die Einladung zum Richtfest in Kranichfel­d. Horst Leinweber, einer, der damals den Stausee mit projektier­te, hat die Karte – mit Wertbons für Mittag- und Abendessen – bis heute aufgehoben.
Die Einladung zum Richtfest in Kranichfel­d. Horst Leinweber, einer, der damals den Stausee mit projektier­te, hat die Karte – mit Wertbons für Mittag- und Abendessen – bis heute aufgehoben.
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Alte Ansichtska­rten mit M ner Stausees. Fotos (): Hartmut Schwa
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