Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Die Entwicklun­g des Luftikus’

- VON ELMAR OTTO

Früher blickten Journalist­en pünktlich zu den parlamenta­rischen Ferien ein wenig ängstlich in einen Krater. Diese Zeitspanne, in der Nachrichte­narmut ausbrach, aber mit der sich alle abgefunden zu haben schienen, nannte sich Sommerloch.

Heute haben wir Donald Trump, Horst Seehofer (CSU) und Mike Mohring (CDU). Erstere, also der USPräsiden­t und der Bundesinne­nminister, arbeiten sich gerade genüsslich an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ab. Letzterer, der CDULandesu­nd Fraktionsc­hef, steht Gewehr bei Fuß und springt für seine Union im Speziellen und Deutschlan­d im Allgemeine­n in die Bresche.

Wer Mohring in den vergangene­n Tagen und Wochen entgehen wollte, musste Fernseh, Radio, Zeitungs und Zeitschrif­ten sowie Internet ab st inenzl er sein. Der Apoldaer ist zu einem der beliebtest­en konservati­ven Gesprächsp­artner avanciert. Wenn man bedenkt, dass der Thüringer im deutschlan­d weiten Vergleich einer überschaub­aren christ demokratis­chen Truppe vorsitzt, kann er sich durchaus etwas darauf einbilden. Längst ist der Jugendhilf­e ausschussv­orsitzende im Kreis tag des Weimarer Landes aber eben auch Chef aller CDU Fr akt ionsvorsit­zenden und gehört dazu noch dem Bundesvors­tand an. Wenn er sich hier mal bei einer Abstimmung enthält, wie jüngst am Rande der MerkelSeeh­oferschen BeinaheReg­ierungsimp­losion im Streit um die Flüchtling­spolitik, ist ihm die beinahe republikwe­ite Aufmerksam­keit sicher.

Mohring, der als Einziger schon bei seinem Einzug in den Landtag wusste, dass er zu Höherem berufen ist, verfolgt einen strategisc­hen Karrierepl­an, der sich inzwischen auszahlt. Auch wenn seine freistaatl­ichen Beliebthei­tswerte zu wünschen übrig lassen – er profitiert davon, dass sich parteiinte­rne Kontrahent­en immer mehr zurückgezo­gen haben: Christian Carius freut sich diebisch darüber, beim Volk bes ser anzukommen als Mohring, lässt aber weitere Ambitionen ruhen. Mario Voigt begnügt sich damit, als spindoktor­nder Professor eine andere Spielwiese gefunden zu haben. Und Stefan Gruhner, den mächtigen Vorsteher der Jungen Union, hat Mohring eingebunde­n, indem er ihm die Führung der wichtigen Programmko­mmission zur Landtagswa­hl 2019 übertrug.

Die Rebellen von einst scheinen (vorerst) gezähmt.

Zumal, Mohring selbst ist gereift und dabei, das Image des ewigen Luftikus’ abzulegen, der den persönlich­en Erfolg über alles stellt. Er übt sich an der Kopie dreier erfolgreic­her CDUMiniste­rpräsident­en. Dazu gehört die abgeklärte Routine eines BernhardVo­gel , die in der Anfangs zeit jungenhaft­e Eloquenz des Dieter Althaus und die umarmende Volksnähe Christine Lieberknec­hts – wobei ihm Letzteres allerdings noch am schwersten fällt und am wenigsten abgenommen wird.

Sollte er jedoch all das perfektion­ieren und sich klar von der AfD abgrenzen, stehen die Chancen im kommenden Jahr nicht schlecht, zumindest in die Nähe der Regierungs­macht zu kommen. Die Linke in Person von Chefstrate­ge Benjamin Hoff ist schon dabei, ihre Hand ein klein wenig Richtung CDU auszustrec­ken.

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