Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Der Sinnsucher

Vor 100 Jahren wurde Ingmar Bergman geboren – für viele einer der besten Filmregiss­eure aller Zeiten

- VON THERESA MÜNCH

Sein Haus auf der kleinen Ostseeinse­l Fårö baute Ingmar Bergman nicht auf feinen Sand, sondern an einen kargen Steinstran­d. Das Raue, aufs Wesentlich­e Reduzierte passte zu ihm – und auch zu seiner düsteren Arbeit. Mit seinem filmischen Grübeln über die großen Sinnfragen beeinfluss­te der schwedisch­e Meisterreg­isseur ganze Generation­en. In diesem Jahr sind die Bergman-Klassiker wieder zu sehen – denn am heutigen 14. Juli wäre der schwedisch­e Meister 100 Jahre alt geworden.

Alt zu werden, sagte Bergman einmal, sei wie auf einen Berg steigen. „Je höher man steigt, desto mehr schwinden die Kräfte – aber desto weiter sieht man.“Bergman, so hat man das Gefühl, konnte schon früh sehr weit sehen. Er starb 2007 mit 89 Jahren auf seiner kleinen Ostseeinse­l. Schon zehn Jahre zuvor kürten ihn seine Kollegen in Cannes zum „Besten Filmregiss­eur aller Zeiten“.

Bergmans Werke seien nicht nur intellektu­ell, betont der Direktor der Ingmar-Bergman-Stiftung,

Jan Holmberg. Natürlich seien sie oft tiefgehend und gesellscha­ftskritisc­h, aber auch sarkastisc­h und ironisch. Vieles, wie das experiment­elle SchwarzWei­ß-Drama „Persona“, müsse der Zuschauer einfach fühlen und nicht versuchen, intellektu­ell zu begreifen.

Derzeit sind die Filme des mehrfachen Oscarpreis­trägers Bergman wieder enorm gefragt – wohl auch, weil sie einen solchen Kontrast zum aktuellen, kommerziel­len Kino darstellen, meint Holmberg. „Die Menschen haben ein Bedürfnis, sich selbst zu erkunden.“In einer Zeit, in der viele in den sozialen Medien ihre eigenen Filterblas­en erschüfen, sei es wichtig, „dass jemand die weniger schmeichel­haften Aspekte der Menschen aufzeigt“.

Holmberg verwaltet Bergmans Erbe, zu dem mehr als 60 Filme für Kino und Fernsehen wie „Fanny und Alexander“oder „Szenen einer Ehe“gehören. Mit ihnen wurde Bergman weltberühm­t. Doch er schrieb auch mehr als 170 Theaterpro­duktionen, zahllose Drehbücher und autobiogra­fische Texte. Die Unesco listet den Nachlass – handgeschr­iebene und getippte Manuskript­e, Entwürfe, Notizbüche­r, Produktion­spapiere, Fotos und rund 10 000 Briefe – als Teil des Weltdokume­ntenerbes.

Bergman erzählt darin vom Tod, von der Stille Gottes, von gescheiter­ten Künstlern, familiären Problemen. Kritiker sagen, er habe allen Diszipline­n der darstellen­den Kunst eine neue psychologi­sche Tiefe und Intimität gegeben. Der eigensinni­ge und extrem selbstbewu­sste Schwede ließ Schauspiel­er direkt in die Kamera schauen, verlieh dem Schweigen mindestens genauso viel Kraft wie dem Wort.

Kaum ein anderer Regisseur könne auf „so eine lange Karriere und so viele Filme mit so bemerkensw­ert stabiler Qualität“zurückblic­ken, sagt Holmberg. (dpa)

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Foto: Börres Weiffenbac­h, dpa Schauspiel­erin Liv Ullmann (links) und Regisseuri­n Margarethe von Trotta im Gespräch in dem Dokumentar­film „Auf der Suche nach Ingmar Bergman“, der diese Woche in die Kinos kam.
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Foto: Seijbold, dpa Ingmar Bergman.

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