Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Schwalben überm Schweißertisch sorgen für Flugbewegung
Trotz Lärm und Dreck: Nach 15 Jahren beherbergt Firma Zange in Ulla wieder Sommergäste an der Werkstattdecke
Natürlich, eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Aber sieben Exemplare können einem doch durchaus ein tägliches Schmunzeln ins Gesicht treiben. Noch dazu, wenn sie ihr lehmiges Nest wie so oft an einem ungewöhnlichen Ort gebaut haben. Beispielsweise an einer alten Neonröhre ausgerechnet in der Schweißwerkstatt der Ullaer Firma Zange Spezialschweißen & Anlagen.
15 Jahre sei es her, ließ der Chef, Horst Zange, wissen, dass sich im Betrieb ein Rauchschwalbenpärchen einnistete. Nun ist es wieder da. Wahrscheinlich handele es sich „um die Ururenkel“, freut er sich.
Der Mitarbeiter am Schweißtisch jedenfalls hat kopfüber nun mehr oder weniger eine regelmäßige Flugbegleitung. Ob er indes vom Wid-Wid- oder ZiWitt-Ruf was vernimmt, darf bezweifelt werden, geht es in der Werkstatt doch durchaus recht laut zu. Und zuweilen wird es dreckig. All das aber scheint die bekannteste einheimische Schwalbenart gar nicht zu schrecken. Friedlich zieht das Pärchen seit Mai augenscheinlich den Nachwuchs auf. Die Mitglieder der „neuen Firmenabteilung“ sind nach Beobachtung von Horst Zange inzwischen recht mobil. Tagsüber bekäme er sie kaum noch zu Gesicht. Futtersuche und Flugstunden lassen offenbar keine Zeit für Müßiggang im Nest.
Auf die Frage, ob denn die Schwalben nicht ganz schön Dreck machen, meinte der Firmenchef, dass da relativ wenig zusammenkomme. Für den Fall der Fälle sei eben auch mal eine alte Zeitung untergelegt worden. Dass schon jemandem auf den Kopf geschissen wurde, konnte er auch nicht bestätigen.
Um den Vögeln den Ein- und Ausflug zu ermöglichen, stünde die Tür offen. Wohl noch bis zum Herbst werden die gefiederten Gäste bleiben. Grundsätzlich scheint das Objekt gut für Schwalben geeignet, handelt es sich doch um ein altes Bauerngehöft. Die Werkstatt selbst befindet sich im Ex-Kuhstall. Dort wimmelte es früher nur so von nahrhaften Fliegen.
Wie heißt es doch beim Bund für Umwelt und Naturschutz: „Die Schwalben erleben einen schleichenden Bestandsrückgang. Sie brüten in Gebäuden und sind daher auf menschliche Toleranz angewiesen.“Bei Horst Zange und seinen Leuten können sie darauf zählen. Kunstvoll haben die Schwalben das Nest an die Decke „geklebt“. Foto: Claudia Keßler