Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Ein Ahornbaum für Raphaël Elizé
Ein Baum mehr auf dem Weg zu 1000 Buchen: lebendiges Gedenken am ehemaligen GustloffWerk
„Unser Gedächtnis ist kurz“, sagte Justus Lencer, Aufsichtsratsvorsitzender des Lebenshilfe-Werkes Weimar/ Apolda. Aus diesem Grund brauche man Orte zum Gedenken. Ein neuer Ort, der eine alte Geschichte erzählt, befindet sich am alten Gustloff-Werk im Weimarer Norden.
An der Kreuzung von Kromsdorfer Straße und Straße des 17. Juni versammelten sich gestern etwa drei Dutzend Gäste um mitzuerleben, wie ein Baum für Raphaël Elizé gepflanzt wurde. Anlass dazu gab die Aktion „1000 Buchen – ein lebendiges Gedenken“. Mehr als 100 Bäume pflanzten Sponsoren und Organisatoren bereits. Raphaël Elizé, dem ersten dunkelhäutigen Bürgermeister in Frankreich, widmeten die Initiatoren gestern einen Ahornbaum.
Dass Jugendliche die Geschichte des Konzentrationslagers Buchenwald kaum noch kennen, erwähnte Lencer zu Beginn der Veranstaltung. „1000 Buchen“sollen die Schicksale sichtbar machen.
Für ihr Zeichen gegen das Vergessen dankte auch Dieter Hackmann, der Vorsitzende des Vereins Weimarer Dreieck, den Organisatoren und Sponsoren. Hackmann entschuldigte Marc Sagnol, Beauftragten für die thüringisch-französischen Beziehungen in der Staatskanzlei und Leiter des Institut Français. Er befinde sich noch in Paris und habe an der Trauerfeier des im Alter von 92 Jahren verstorbenen Schriftstellers, Philosophen und Journalisten Claude Lanzmann teilgenommen.
In seiner Trauerrede habe der französische Premierminister Edouard Philippe über Lanzmann gesagt: „Sie haben jene existieren lassen, die nicht mehr sind.“Lanzmann erlangte vor allem durch seinen Dokumentarfilm „Shoah“Bekanntheit. Hackmann sagte darüber hinaus, dass – so schwer es auch sei, angesichts des Leids Worte zu finden – keinesfalls geschwiegen werden dürfe. „Das Friedensprojekt Europa ist gefährdet wie nie. Wir alle tragen Verantwortung.“
Damit auch Raphaël Elizé weiter existiert, las Joely Bapt, eine Studentin aus Frankreich, seine Lebensgeschichte vor. Wie sein Leben im Gustloff-Werk endete, berichtet Sabine Stein von der Gedenkstätte Buchenwald.
Dass all diese Erinnerungen unverzichtbar seien und jeder noch so kleine Schritt wichtig, betonte Johannes Bock vom Weimarer Dreieck. Der Verein hatte neben dem LebenshilfeWerk, dem Französischen Kulturbüro, dem BgR Weimar und der Gedenkstätte Buchenwald eingeladen – einen Tag vor dem französischen Nationalfeiertag, der für Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit steht.