Thüringische Landeszeitung (Weimar)
„Was damals geschah, darf nicht in Vergessenheit geraten“
Gedenken an die Opfer der Pogromnacht vor 80 Jahren auf dem Jüdischen Friedhof an der Leibnizallee
„Wir waren viele in diesem Jahr. Das ist ein wichtiges Zeichen“, unterstrich Pfarrer Hardy Rylke nach dem Gedenken am Freitagabend auf dem Jüdischen Friedhof an der Leibnizallee. Auch 80 Jahre später bleibe unbegreiflich, was damals geschah, rief Pfarrer Rylke die Ereignisse in der Pogromnacht am 9. November 1938 ins Bewusstsein.
Nach dem Friedensgebet am Nagelkreuz von Coventry in der Herderkirche hatte sich ein Gedenkzug zum Marstall und weiter zur Leibnizallee in Bewegung gesetzt, darunter auch OB Peter Kleine und die Beigeordnete Claudia Kolb. „Was damals geschah, darf nicht in Vergessenheit geraten“, mahnte Pfarrerin Dr. Esther-Maria Wedler von der Evangelischen Studentengemeinde. „Es ist heilsam, sich zu erinnern und Schuld zu benennen und Verantwortung zu tragen.“Geschäfte in jüdischem Besitz wurden am 9. November 1938 auch in Weimar geplündert, die SS warf die Auslagen auf die Straßen. Verlesen wurden die Erinnerungen der damals 10-jährigen Margot Köhler, die Augenzeugin wurde wie die Familie ihrer Freundin von der SS abgeführt wurde. Fast 10.000 Juden wurden Anfang November in Buchenwald eingeliefert.
Studierende riefen die Namen der jüdischen Mitbürger ins Gedächtnis, die damals aus Weimar verschwanden. In den Mittelpunkt des Gedenkens stellten sie das Schicksal von Konzertmeister Eduard Rosé (18591944), hoch angesehener Geiger, Gründer des berühmten Rosé-Streichquartetts. Seine Prominenz schützte ihn nicht vor Ausgrenzung und Deportation. „Wir sind zutiefst erschrocken, – durch Vertreibung, Deportation und Tod haben wir unsere Brüder und Schwestern verloren.“Donata Burckhardt (Gesang) und Daniel Roth (Akkordeon) intonierten ein bewegendes Klagelied. Auch in der Kirchgemeinde wurde damals geschwiegen, erinnerte Hardy Rylke. Nur wenige erhoben ihre Stimme, einer davon war Pfarrer Paul Schneider. „Gebt die Juden frei – auch sie sind meine Brüder“, rief der Buchenwald-Häftling. Paul Schneider. war 1937 in Buchenwald eingeliefert worden.
Bereits am Freitagnachmittag war in der Gedenkstätte Buchenwald der Opfer der November-Pogrome gedacht worden.