Thüringische Landeszeitung (Weimar)
Narren am 11.11. genarrt
Vor 50 Jahren ließ OB Steidle die Stadtspitze kostümiert antreten
Dass Karnevalisten am 11.11. zur ersten Hochform in der neuen närrischen Saison auflaufen, ist weithin bekannt. Allerdings kann auch die Weimarer Stadtspitze witzig kontern: Das bewies am 11.11. 1968, also an diesem Sonntag vor nunmehr genau 50 Jahren, ein denkwürdiger Empfang, auf den ein Zeitzeuge für die Leser unserer Zeitung zurückgeblickt hat.
Jedes Jahr zog bereits in den 60er-Jahren der Karnevalsklub Blau-Gelb am 11.11. zum Weimarer Rathaus und wurde dann vom Oberbürgermeister im großen Rathaussaal empfangen. In einer Ratssitzung der stets donnerstags stattfindenden Dienstberatung der Stadträte (der damalige Name für die heutigen Abteilungsleiter) im Oktober 1968 im kleinen Sitzungssaal des Rathauses, kam Oberbürgermeister Luitpold Steidle auf die Idee, dass sich alle von Seiten der Stadt teilnehmenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den närrischen Sturm aufs Rathaus entsprechend der Goethezeit ankleiden sollten.
Natürlich war es der Stadtrat für Kultur, Gerhard Hendel, der den Auftrag bekam, für die Kostümierung die Voraussetzungen beim Nationaltheater zu klären. Alle vorgesehenen Teilnehmer aus der Verwaltung mussten zur Anprobe ins DNT. Am 11.11. kamen dann schon sehr früh vom Nationaltheater die Gewandmeisterin und der Chefmaskenbildner mit den Kostümen ins Rathaus, und alle Mitarbeiter wurden eingekleidet und entsprechend zurechtgemacht.
Der Leiter des OB-Büros, Ewald Klein, führte dann den Karnevalsverein nach dessen Eintreffen um 11.11 Uhr vor dem Rathaus in den großen Sitzungssaal, wo es dem sonst sehr redegewandten Präsidenten Leo Schleyer, der seinerzeit den Spitznamen „Leo, der Beleibte“trug, ob des Aufmarsches der Stadtverwaltung regelrecht die Sprache verschlug. Mit Schleyer, zugleich Vorsitzender der Maler-PGH, zum Sturm des Rathauses gekommen waren unter anderem der närrische Vizepräsident Wolfgang Schwarzenau, Klubhausleiter Norbert Bornschein sowie Horst Hoidis vom VEB Weimar-Werk.
Beim Spaß mitgemacht haben seinerzeit neben dem Oberbürgermeister und Gerhard Hendel Steidles drei Stellvertreter Herbert Fischer (Vorsitzender Stadtplankommission), Helmut Schreiber (Stadtrat für Inneres) und Fritz Rose (Stadtrat für Handel und Versorgung) sowie Bruno Heinrich ( Stadtrat für Finanzen), Gerhard Kämpfe (Stadtrat für Verkehr) Horst Hasselmann (Stadtbauamt/ Wohnungswirtschaft) und der ehrenamtliche Stadtrat Wolfgang Schenk. (red)