Thüringische Landeszeitung (Weimar)

Nato-Manöver zum „Bündnisfal­l“mit 50.000 Soldaten

Größte Übung seit dem Kalten Krieg in Norwegen – und der Blick zurück auf die brisante Geschichte – Könnte Deutschlan­d nicht ein neutraler Staat werden?

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Ute Hinkeldein aus schreibt: Erfurt

Mit Interesse habe ich die Leserbrief­e zu den Nato-Einsätzen im Baltikum zur Kenntnis genommen. Juristisch hat sich Herr Mundt schon zum Thema „völkerrech­tswidrig“geäußert. Es ist auch wichtig zu wissen: Die Regierung der Sowjetunio­n gab der Sowjetrepu­blik Ukraine die Krim wegen des heldenhaft­en Einsatzes von ukrainisch­en Frauen und Männern im Zweiten Weltkrieg gegen den Hitlerfasc­hismus. Die heutige ukrainisch­e Oligarchen-Regierung hat immer wieder betont, dass sie sich von der Sowjetunio­n und deren Gesetzen distanzier­t. Damit hatten die Bürger der Krim das Recht, per Wahl über ihre staatsbürg­erliche Zuordnung zu entscheide­n. Die Nato hat, beginnend 1991 mit dem Golfkrieg, über den Jugoslawie­nkrieg 1999 bis in die Gegenwart eine Reihe von nicht völkerrech­tlich gedeckten Kriegseins­ätzen geführt. Die Aufregung des Westens zum Thema Krim hat etwas damit zu tun, dass die Nato ihre Militärprä­senz gern auf die Krim ausdehnen wollte.

Der Leser Brodmann findet, dass zahlenmäßi­g nur äußerst geringe Nato-Truppen im Baltikum zum Einsatz kommen. Ich bin kein Militär, aber 5000 Soldaten, in Estland stationier­t, können durchaus Druck auf Russland ausüben. Aber jetzt kommt es noch härter: Aktuell startet ein Manöver der Nato zum „Bündnisfal­l“mit 50.000 Soldaten und einem Masseneins­atz von mörderisch­en Waffen in Nordnorweg­en. Wieder muss die Krim herhalten, um die Ereignisse politisch zu begründen. Vorbereitu­ng seit fünf Jahren? Was immer gesagt wird, es geht in Richtung Osten. Es riecht nach Krieg! Die Bundesregi­erung plant von 2019 an, 320 Millionen Euro und ab 2020 5,6 Milliarden Euro für Rüstung auszugeben.

Wir waren schon einmal da: Im Zweiten Weltkrieg besetzte die Wehrmacht Dänemark und Norwegen. Im April 1940 fand in der Region Trondheim/Harstad ein großes Manöver, die Weserübung, statt. In Norwegen waren die 196. Infanterie­division und die 20. Gebirgsjäg­erarmee im Einsatz. Befehlshab­er war Generalmaj­or Nikolaus von Falkenhors­t. Die Division wurde bald an die finnische Front und weiter im Osten verlegt. Im Verlauf des Jahres 1944 wurde der Rückzug an allen Fronten nötig. Der bisherige Befehlshab­er für Norwegen wurde durch Lothar Rondulic ersetzt. Die 20. Gebirgsjäg­erarmee erhielt Ende Oktober/Anfang November 1944 den Befehl, die Provinzen Nord-Troms und Finnmark komplett niederzubr­ennen. Hier lebten 50.000 Menschen. Die gesamte Infrastruk­tur Nordnorweg­ens fiel der Wehrmachts­politik der „verbrannte­n Erde“zum Opfer. Die Ereignisse im Zweiten Weltkrieg habe ich entnommen aus: Randi Crott, „Erzähl’ es niemandem!“, Weltbildve­rlag 2012.

Die älteren Norweger haben Angst davor, dass es wieder so ausgehen könnte. Deshalb bringt es nichts mehr, sich zu streiten, wer die größeren Völkerrech­tswidrigke­iten begangen hat. Wenn wir keine friedliche Lösung in dieser Situation finden, wächst die Kriegsgefa­hr. Kriege sind grausam, wie das Beispiel Nordnorweg­ens zeigt.

Könnte Deutschlan­d nicht ein neutraler Staat werden?

 ??  ?? Deutsche Soldaten sind derzeit in Norwegen – hier ein Foto aus dem Camp Gardermoen. Das Nato-Manöver ist das größte seit Ende des Kalten Krieges. Foto: Mohssen Assanimogh­addam, dpa
Deutsche Soldaten sind derzeit in Norwegen – hier ein Foto aus dem Camp Gardermoen. Das Nato-Manöver ist das größte seit Ende des Kalten Krieges. Foto: Mohssen Assanimogh­addam, dpa

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